Profile
Blog
Photos
Videos
13-07: NZ Uncut
Und schon sind wieder zwei Wochen rum seit dem letzten Post. Und die waren ziemlich abwechslungsreich. Während der Woche musste ich jeden Tag voll durcharbeiten. Die Fortschritte halten sich wirklich in Grenzen, und ich fühle jetzt fünfeinhalb Wochen vor Ende meines Aufenthaltes schon Zeitdruck. Viel Zeit geht für die Experimente drauf, an denen man ewig rumschraubt, bis man mal ordentliche Werte bekommt. Die Intensität der Betreuung seitens meines Supervisors hält sich leider ziemlich in Grenzen, da er immer so schrecklich viel zu tun hat. Den experimentellen Teil der Arbeit muss ich aber wirklich abschließen, bevor ich Neuseeland verlasse. Ich will natürlich mein gesamtes Projekt abgeschlossen haben, aber ich habe so ein Gefühl, dass ich in Deutschland wahrscheinlich den letzten Schliff verpassen muss. Aber trotz allem bleibe ich optimistisch. Die experimentellen Sachen, an denen ich jetzt so lange gesessen habe, waren Kalibrationen etc, alles vorbereitende Dinge, von denen aber ganz entscheidend die Qualität meiner Ergebnisse meiner abhängt. Das ist jetzt abgeschlossen, und ich hoffe daher, dass ich mit den eigentlichen Messungen dann nicht so viel Zeit verschwende. Es knabbert ein bisschen an mir, dass ich morgens immer straight in die Uni gehe und abends im Dunkeln nach Hause fahre (ab 6 ist es stockdunkel), aber da muss ich jetzt durch. Das sehe ich jetzt als Preis für meinen Aufenthalt, und als Vorraussetzung dafür, dass ich meine weitere Reise auch genießen kann. Kein Lohn ohne Arbeit.
Das Wetter ist erstaunlich gut. Es schauert zwar ab und zu stark, manchmal hat man auch einige Stunden lang so eine Art Landregen, aber im Großen und Ganzen habe ich mir den Winter hier sehr viel nasser und unangenehmer vorgestellt. Letzte Woche hatten wir die kälteste Nacht des Jahres (3°C). Tagsüber ist es so um die 12-16°C warm. Wenn aber mal wieder eiskalter Südwind von der Antarktis hochkommt, kann es doch schon recht frisch werden. Blauer Himmel und grauer Himmel wechseln sich regelmäßig ab, und ich kann sogar besser arbeiten, wenn draußen schlechtes Wetter ist. Dann hat man wenigstens nicht das Gefühl, Neuseeland nicht genutzt zu haben.
Eine andere eher deprimierende Sache ist, dass viele meine Freunde sich auf und davon machen. Andrea, einer der beiden Italiener aus meiner Wohnung ist zurück nach Italien, weil er es in Neuseeland nicht ausgehalten hat (und das liegt nicht daran, dass er die EURO-Wette mit mir verloren hat). Der Kanadier-Pakistaner ist für drei Wochen zurück nach Kanada, und zieht in eine andere Flat, wenn er zurückkommt. Mein bester Freund hier drüben, Jon, fährt diesen Mittwoch zurück nach London und wird dort sein Studium wieder aufnehmen. Elise ist schon vor Wochen zurück nach Paris. Und mein deutscher Arbeitskollege an der Uni hat sein Projekt beendet und ist jetzt im Urlaub. Aber mit ihm werde ich nächste Woche das Northland erkunden. Und unglücklicherweise kommt noch dazu, dass die Auckland-Verwaltung dem Property-Management verordnet hat, dass nicht mehr als acht Personen in unserem 14-Zimmer Haus leben dürfen (???), womit die Ausgezogenen leider nicht durch neue Flatmates ersetzt werden. Neuseeland, das Land des Kommen und Gehens, ist ironischerweise bei uns im Haus nur auf Gehen beschränkt. Ich hatte viel Spaß mit den ganzen Leuten und man lernt immer wieder neue kennen. Lustigerweise sind die meisten Leute mit denen ich hier zu tun habe Europäer. Eine europäische Reunion ist daher schon geplant. Und bei den ganzen Facebook-Fanatikern ist es kein Problem, auch in Kontakt zu bleiben.
Was hab ich sonst noch so gemacht in den letzten zwei Wochen außer Arbeiten? Letztes Wochenende war ich mit Jon auf einem drei-Tage-Roadtrip unterwegs auf der Nordinsel. Und dieses Wochenende war wirklich super. Der Tag, den ich mir „freigenommen" hatte, hat sich wirklich gelohnt. Was war geplant? Wir wollten eigentlich zum Skifahren (bzw. snowboarden, is ja auch viel cooler) auf den Vulkan. Wir hatten die ganze Woche über die Schneebedingungen und Wettervorhersagen verfolgt, und auf gutes Wetter zum Wochenende gehofft. Bis Freitagmorgen aber waren alle Lifte on hold aufgrund zu schlechter Sichtbedingungen, Schneestürmen und teilweise nicht präparierten Pisten oder Lawinengefahr. Sprich: Zuviel Schnee. Solche Probleme wollen manche Alpenregionen haben. Kurzerhand war also eine Planänderung angesagt. Zur Auswahl standen: Northland (nördlich von Auckland) oder Bay of Plenty (südöstlich von Auckland). Wir warfen eine Münze und fuhren Richtung Süden. Eh wir aber aus Auckland raus waren, war es schon nach 12. Nach einem kurzen Schock über die Benzinpreise (mittlerweile schon bei 2,18$ - ich weiß, immer noch billig im Vergleich zu Deutschland, aber als ich hier angekommen bin, waren kostete ein Liter 1,75$) fuhren wir Richtung Tauranga, der größten Stadt in der Bay of Plenty (116.000 EW). Wir ließen Coromandel links liegen, die Halbinsel hatte ich ja schon auf einer früheren Tour besucht, und machten Halt sobald wir die Bay erreicht hatten um erstmal Mittag zu essen. Ich hatte mir für meine Südinsel-Tour vor Monaten einen Instant-BBQ gekauft, der immer noch in meinem Kofferraum rumlag, und wir wollten ihn endlich nutzen, um Steaks zu machen (Südafrikaner sind steakverrückt). Haben die Dinger ein Verfallsdatum oder haben wir uns nur so dumm angestellt? Es hat erstmal eine halbe Stunde gedauert, bis wir den BBQ einigermaßen in Gang gebracht hatten. Und dann hat es keine Viertelstunde gebraucht, bis die Kohle in Asche zerfallen war. Uns blieb also nix weiter übrig, als die Pfanne und den Campingkocher rauszuholen und die Steaks fertig zu braten (zum Glück bin ich immer auf alles vorbereitet).
Irgendwann sind wir weiter nach Tauranga gefahren, einer überraschend lebhaften kleinen Stadt. Wir kamen so gegen halb sechs dort an, es regnete immer mal wieder und insgesamt war es im Freien nicht gerade gemütlich. Wir verbrachten die nächsten zwei Stunden im Kino und schauten Hancock (der zwar mit ordentlich Krach und Bumm anfängt, das aber im restlichen Film leider nicht mehr toppen kann). Danach suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen (Übernachtung im Auto war angesagt) und aßen Dinner. Wir ließen uns Zeit, und gerade als wir uns aufmachen wollten, um zu schauen was Tauranga an einem Freitagabend so zu bieten hat, kam jemand auf uns zu und meinte: „I have some floorspace left for you, if you want?" Jon griff gleich zu seiner Decke und Kopfkissen, während ich den „Floorspace" erstmal sehen wollte. Zumal kam mir der Typ irgendwie komisch vor: etwas höhere Stimme als normal, Schal komisch gebunden… Naja, wir gingen also erstmal mit ihm mit in seine Wohnung. In lockerer Konversation stellte sich heraus, dass er ein netter Kerl war, der sich bloß ein bisschen zu hohe Stimme hatte. Frau und Tochter waren auch da, wärmer als im Auto war es und Matrazen waren auch da. Da es aber noch relativ früh am Abend war, sind wir dann erstmal ins Zentrum gegangen, wo gut was los war. Nach einigen Bars und Clubs trafen wir dann auch unser Gastpäärchen wieder, und wir gingen zurück um zu schlafen. Soweit so gut, gegen vier Uhr morgens ging die Freakshow dann aber los. Ich wurde von einem Gespräch aus dem Tiefschlaf gerissen, das zwischen dem Gastonkel und einem total betrunkenen russischen 17-jährigen geführt wurde, von dem ich dachte, dass es ein Freund von der Tochter sei. Es ging ungefähr so (Russe zuerst): „Oi! Oi, mate! I want to say something but you don't even let me speak. I should go home..." "Oi, you don't go anywhere, you are totally drunk, go to sleep, mate" "Oi! See, you don't let me..." "Oi, oi!" "Oi, see, you don't ... " "Oi, mate, oi! Oi!" "Oi, i go home now" "Oi, lay down, you don't go home" ... Usw. Irgendwie wurde es dann ruhiger und ich konnte weiterschlafen. Zumindest bis um acht, als mich Jon weckte. Frau und Tochter waren schon außer Haus. Auch der Russe war nicht zu sehen. Jon wirkte irgendwie nervös, und wir verließen die Wohnung fast fluchtartig. Jon erzählte mir dann, dass sich der Typ, der uns eingeladen hatte, zu ihm auf die Matratze gelegt hatte. Mein erster Eindruck schien sich letzten Endes dann wohl doch bestätigt zu haben. Das zweite Mal auf meiner Reise seit Macau, dass ich viel gepriesene Gastfreundlichkeit vorgetäuscht bekommen bekam.
Wir gingen direkt zum Auto und fuhren nach Mt. Manganui, einem Ort nur ein paar Kilometer entfernt auf einer Landzunge gelegen, an dessen Ende der Namensgeber aber schon von weitem zu sehen war. Es war blauer Himmel, Sonnenschein und früh am Morgen. Wir kletterten auf den Berg und hatten eine super Aussicht auf die Bay of Plenty, allerdings auch auf eine sich nähernde graue Wolkendecke. Am Fuß des Berges befanden sich Hot Pools (nicht überdacht), in denen wir die nächsten zwei Stunden relaxten. Man sitzt in 40° heißem Wasser, während es aus allen Wolken gießt. Außerordentlich entspannend. Nach den zwei Stunden hatte der Regen aufgehört, und wir machten uns nach einer Kräftigung weiter Richtung Osten die Bay of Plenty entlang. Da passierte dann die nächste Sache. Irgendwie sah ein Strand so aus, als ob man mit dem Auto drauf fahren könnte, auch gerade weil soviel Reifenspuren zu sehen waren. Und ich hab das mit meinem 4WD-Subaru ja auch schon mal gemacht hier, also sind wir rauf. Der Strand bestand aus einem höher gelegenen Teil und einem tiefer gelegenen Teil, getrennt durch eine eher steile Rampe aus Sand. Nach 500m wurde der obere Teil immer schmaler, was wir allerdings ziemlich spät merkten. Als wir also wenden wollten, rutschte ein Hinterrad die Rampe runter, und ein Vorderrad grub sich halb etwas ein. Ziemlich schnell wurde uns klar, dass das Ganze eine ziemlich dumme Idee war. Wir suchten den Strand nach Holz oder ähnlichem ab, welches wir unter die Reifen stecken konnten, damit sie wieder Grip hatten. Dummerweise war der Strand aber makellos. Kein abgeladener Dreck, kein Treibholz, nix. Im Kofferraum hatte ich aber Feuerholz, so dass wir anfingen, Holzscheite irgendwie unter die Reifen zu stecken. Nach einer Stunde und verschiedenen Systemen, die alle nix genützt hatten, wanderten wir los auf der Suche nach Hilfe. Signal für das Handy war übrigens nicht vorhanden. Am ersten Haus, das auf dem Weg lag und bei welchem wir nachfragten, hatten wir gleich Glück. Das Gespräch lief so: „Hey, we got stuck on the beach. Do you have planks or something similar to help us get out?" "I get the tractor". Ungläubig schauten wir uns an. Glück im Unglück, wir liefen zurück zum Auto, als der Kiwi auch schon mit dem Trekker auf den Strand fuhr. Wir wurden rückwärts rausgezogen. Als wir nachfragten, wie oft er schon Leuten geholfen hatte, antwortete er: „Once a week". Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Jon den meisten Bammel davor hatte, das Rugbyspiel SA-NZ im Trinations Cup zu verpassen, welches diesen Abend laufen sollte. Wir fuhren weiter durch Kiwiplantagen die Bay of Plenty entlang. Unterwegs sahen wir proper grassroots rugby. Hillbillies standen da in ihren matschverschmierten Gummistiefeln und schauten den Dorfmannschaften zu. Am Wegesrand waren viele Kiwiplantagen zu sehen. Die Bay of Plenty ist Neuseeland Kiwi-Hauptanbaugebiet. In ein Museum sind wir aber trotzdem nicht gegangen. Irgendwann entschieden wir uns dann, ins Landesinnere abzubiegen, und Rotorua zu unserem Ziel für den Abend zu machen. Rotorua liegt in einem vulkanisch sehr aktiven Gebiet. Es stinkt überall nach faulen Eiern, es dampft aus heißen Quellen, es gibt Geysire, kochende Mudpools und andere durch geologische Aktivität bedingte Phänomene zu sehen. Nun war es aber erstmal Abend, und Zeit das Aufeinandertreffen der beiden besten Rugbynationalteams der Welt anzuschauen. Kurz und knapp: Erste Halbzeit mörderisch intensiv, aber zweite Halbzeit hat nur noch NZ gespielt und Südafrika keine Chance mehr gelassen, weswegen sich Jon so einiges von den Kiwis in der Bar anzuhören hatte. Aufgrund der etwas kurzen Nacht zuvor suchten wir uns nach dem Spiel ziemlich bald ein Plätzchen, welches dunkel, ruhig und nicht stinkend war. Eine wie sich herausstellte schwere Aufgabe, die wir aber meisterten, auch wenn wir dafür etwas außerhalb von Rotorua parken mussten. Mit unseren Decken und Schlafsäcken sollte uns im Auto nicht kalt werden, egal welche Temperaturen sich in der Nacht einstellen sollten.
Am Morgen war es ziemlich frisch, und wollten uns erstmal einen windstillen, sonnigen Platz suchen, wo wir frühstücken konnten. Strahlend blauer Himmel, allerdings noch ziemlich kühl, da früh am morgen. Wir fuhren also Richtung eines nahegelegenen Sees, als Jon plötzlich komplett die Kontrolle über das Auto verlor: Vereiste Straßen. Wir rutschten über die Gegenfahrbahn, bis wir von dem leicht ansteigenden Gelände am Straßenrand gebremst wurden. Wäre in diesem Moment ein Auto entgegengekommen (was wirkliches Pech gewesen wäre, da die Straße wirklich leer war) oder wäre am Straßenrand ein Graben oder noch schlimmeres gewesen, wir hätten ganz schönen Schaden nehmen können. Und wir sind wirklich nicht mal schnell gefahren. Nach diesem Schock waren wir putzmunter und fuhren äußerst aufmerksam unserem Frühstück entgegen. Danach wollten wir das „Pompeji der südlichen Hemisphäre" besuchen, einem durch einen Vulkanausbruch verschütteten Dorf aus dem 19. Jh. Der Fakt, dass der Eintritt 30$ kostete, dass das Dorf nicht mehrere tausend Jahre alt war wie das Original-Pompeji, und dass es eigentlich nicht viel zu sehen, hielt uns dann aber vom Besuch ab. Was wir aber besuchten, war das Thermal Wonderland: Ein Gebiet, in dem viele vulkanisch bedingte Phänomene auf engstem Raum zu sehen waren. Am besten ihr schaut euch dazu einfach das entsprechende Fotoalbum an. Es hat zwar tierisch gestunken, aber es war ziemlich beeindruckend. Krater, brodelnde Pfützen und Seen, etc. Danach cruisten wir gemütlich Richtung Auckland zurück. Anscheinend waren wir nicht die einzigen, die von den vereisten Straßen überrascht wurden. Wir sahen unter anderem einen auf dem Dach liegenden Campervan am Straßenrand. Wir machten noch einen Stop in Hamilton um zu schauen ob es dort wirklich nix zu sehen gab. Philipp, der einzige Kiwi in meiner WG, hatte immer einige Slogans für Hamilton parat, wie z.B.: „Hamilton - There's nothing there." Zumindest bei uns hat es gewirkt, wir haben Halt gemacht und uns davon überzeugt. Es war wirklich unspektakulär. Am interessantesten war vielleicht noch der Mormonentempel am Stadtrand, auch wenn wir keine Mormonen zu Gesicht bekamen. Alles in allem: Ein sehr spaßiges Wochenende, dass mir auch dank seiner diversen Schocks in Erinnerung bleiben wird. Jetzt hab ich aber genug geschrieben.
Cu later.
Previous Post: Auckland, June the 28th.
Photo Album coming soon!
- comments