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Holger in Peru
Ich bin mittlerweile gut in Arequipa angekommen, aber wie....
Der Bus aus Huancavelica hatte Ica als Ziel. Eins Stunde, bevor man Ica erreicht sollte die Haltestelle Pisco angesteuert werden, aber es kam anders.
Es folgt ein kleiner Exkurs zum Thema: "Busfahren in Peru"
Grundsaetzlich muss man zwischen Stadt- und Fernreisebussen unterscheiden. Stadtbusse sind aehnlich wie Colectivos. Simpleste Ausstattung; ein rustikaler Fahrer; ein Verrueckter, der die Strassennamen ausruft und das Geld einsammelt; jede Menge Sitz- und Stehplaetze und immer wenn ein Fahrgast signalisiert, dass er aussteigen will oder der Geldeintreiber neue Kundschaft wittert, wird angehalten. Das ist meist alle 100m so.
Die Fernreise-Busse werden in 3 Kategorien eingeteilt: Kategorie 1 ist "Economico", vergleichbar mit der guenstigsten Klasse im Flugzeug und den Reisebussen wie ich sie aus Deutschland kenne. Genug Beinfreiheit und eine minimal verstellbare Sitzlehne. Diese Klasse wird von den meisten Einheimischen genutzt. Klimaanlage oder Heizung gibt es nicht,auch keine Verpflegung vom Busunternehmen, dafuer steigen hin und wieder Haendler ein, die Getraenke, Eis, Selbstgebackenes, Popcorn und Suessigkeiten verkaufen und ein paar Kilometer spaeter wieder rausgelassen werden. Auch gibt es "Medizinmaenner", die erst eine halbe Stunde lautstark Vortraege ueber alle moeglichen Krankheiten halten und dann ihre Mittelchen gegen Arthritis, Krampfadern, Prostata- und Magenprobleme verkaufen moechten,waehrend der Bus durch die mehr oder weniger gut befestigten Strassen rumpelt. Ab und an werden auch Filme in dieser Kategorie gezeigt, ist jedoch eher die Ausnahme. Eigentlich gibt es feste Fahrtziele und Zwischenstopps, aber es wird auch hier und da mal angehalten und Leute mitten in der Pampa aufgesammelt oder auch rausgelassen. Zur Ausstattung gehoeren in jedem Bus grosse Gepaeckaufbewahrungsraume, auf die man waehrend der Fahrt nicht zugreifen kann.
Kategorie 2 sind die komfortableren Busse, die ihre Sitzlehnen so verstellen lassen, dass man eine160 Grad-Liegeflaeche hat und zwischendurch Speisen und Getraenke serviert bekommt wenn es an der Zeit fuer Mittag- oder Abendessen ist. Filme laufen non-stop. Haendler oder ausserplanmaessige Zwischenstops sucht man vergebens. Alle Stops finden in dafuer vorgesehenen Busterminals mit entsprechender guter Anbindung an Taxistaende statt.
Kategorie 3 unterscheidet sich lediglich von Kategorie 2, dass man seine Sitzlehne komplett waagerecht stellen kann(180 Grad) und somit ein komplettes Bett hat.
Fuer kuerzere Strecken(unter geplanten 7 Stunden) fahre ich am liebsten Economico, da es am abwechslungsreichsten und guenstigsten ist. Manchmal gibt es aber auch keine andere Alternative. So geschehen in Huancavelica und somit sind wir wieder beim Thema.
Mein Bus fuhr also nach Ica und liess hier und da Leute aus- und zusteigen. Pisco sollte ungefaehr gegen 2 Uhr nachts erreicht werden. Das war nicht gerade optimal, da ich in Pisco schon war und das Busterminal somit kenne,es liegt 6km ausserhalb der Stadt mitten an der Autobahn, nicht gerade die beste Gegend um mitten in der Nacht einen anderen Bus zu suchen. Von dort haette ich den naechsten Bus, der Richtung Sueden faehrt anhalten muessen und hoffen,dass noch ein Platz frei ist. Die Endhaltestelle meines Busses Ica, ist eine richtige Stadt mit Busterminal am Stadtrand und nicht mitten an der Autobahn,und gluecklicherweise weiter im Sueden, sodass sie auch auf meinem Weg nach Arequipa lag. Ich hatte also waehrend der Fahrt ueberlegt ob es clever ist mitten in der Nacht an der Autobahn in Pisco rausgeschmissen zu werden und dann den naechsten Bus anzuhalten, oder ob es nicht besser ist, nach Ica weiter zu fahren und von dort ganz gesittet im Busterminal meine Reise fortzusetzen. Einziges Kopfzerbrechen machte mir der Fakt, dass laut Lonely Planet die Busse von Ica nach Arequipa erst am Nachmittag abfahren. Keine optimale Situation wenn ich frueh um 3 in Ica ankomme. Ich hatte mich dann dazu durchgerungen mutig in Pisco aussteigen zu wollen und zu hoffen, dass dort frueher ein Bus kommt, wenn auch mit mulmigem Gefuehl.
Die Entscheidung wurde mir dann abgenommen, da der Busbegleiter keine 5 Sekunden nach dem er das Halteziel "Pischscho" rausgenuschelt hatte und ich gerade auf dem Weg zur Tuer war, entschieden hatte, dass ich viel zu spaet reagiert hatte und er jetzt nicht mehr anhalten koennte, da die Gegend jetzt viel zu gefaehrlich waere. Ich solle jetzt nach Ica weiterfahren. Leicht perplex, da ich sofort aufgesprungen war als er Pisco ausgerufen hatte, dachte ich mir ist es vllt doch gar nicht so uebel nach Ica weiter zu fahren. Eine Frau mit Kind, die ebenfalls in Pisco aussteigen wollte, sah die Sache nicht so locker und wurde dann 10 Minuten spaeter wirklich mitten im Nirgendwo, in kompletter Dunkelheit, nachts um kurz nach 2 auf dem Standstreifen der Autobahn rausgelassen. Als der Busbegleiter dann auf einmal meinen Rucksack aus dem Gepaeckraum des Busses geholt hatte und draengelte,dass ich jetzt auch aussteigen solle, habe ich ihm zu verstehen gegeben,dass ich nicht so lebensmuede bin wie die Frau und doch ganz gerne nach Ica weiterfahren moechte! Das wuerde es in Deutschland maximal bei der Deutschen Bahn geben, wenn jemand kein Ticket hat, dass er irgendwo rausgeschmissen wuerde ;)
In Ica angekommen (3 Uhr), wurde die Vermutung dann traurige Gewissheit, dass der naechste Bus erst am Nachmittag starten sollte. Da das Hostel im Busterminal absurd teuer war, habe ich den Rest der Nacht dann am Ticketschalter eines Busunternehmens verbracht, dass rund um die Uhr stuendlich nach Lima faehrt,aber eben nur einmal am Nachmittag nach Arequipa. Die umliegenden Busunternehmen,die potentiell haeufiger gen Sueden fahren, hatten noch geschlossen und so wartete ich bis sie um 7 Uhr oeffneten und konnte dann einen Bus ergattern, der um 11 Uhr abfahren sollte. Da jedoch in Lima ein LKW eine Bruecke ramponiert hatte, und die Autobahn daraufhin vollgesperrt wurde, kam der Bus erst um 13 Uhr in Ica an und ich konnte nach 10 Stunden warten, endlich in den Bus steigen und meinen wohlverdienten Schlaf finden. Immerhin konnte ich waehrend der Wartezeit ein bisschen Olympia gucken, was das Ganze ein bisschen ertraeglicher machte. Allerdings hatte ich mir die Halbzeit meiner Reise(37Tage rum und noch 37 vor mir)ein bisschen schoener vorgestellt, aber es laesst sich nun mal nicht aendern!
Nach 13 Stunden Fahrt, die ich ueberwiegend mit Schlafen verbracht habe, bin ich dann um 2 Uhr frueh in Arequipa angekommen und habe ein ueberteuertes Taxi zu einem, wie ich mittlerweile feststellen konnte(da jetzt Tag ist) sehr schoenen Hostel genommen und bin nur noch ins Bett gefallen.
Nach einer kleinen Stadtrunde habe ich mir jetzt die Zeit genommen um euch ueber die letzten Tage zu unterrichten. Ich hoffe es ist halbwegs verstaendlich geworden. Das war mit Abstand die langweiligste Zeit der Reise, ich hoffe das war der ultimative Tiefpunkt und werde mich jetzt dieser auf den ersten Blick sehr schoenen Stadt widmen ;)
P.s.: Das Fotozeigt eine typische Haendlerin im Economico-Bus
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