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Die Zeit vergeht wie im Fluge, meine Eltern, Onkel und Tante (ich nenne sie „die 4") sind in der Zwischenzeit auch schon wieder seit einer Woche in der Schweiz und ich bin in Costa Rica angekommen.
Meinem Fuss geht es in der Zwischenzeit wieder ziemlich gut. Ich hab mich vor der Ankunft meiner Eltern enorm geschont, bin kaum aus dem Haus gegangen, obwohl ich dabei fast verzweifelte. Die KubanerInnen liessen mich auch gar nichts machen und erinnerten mich immer wieder daran, dass ich den Fuss nicht belasten dürfe. Meine Eltern, Onkel und Tante holte ich nach einer 13-stündigen Busfahrt nach Havanna noch in Krücken am Flughafen ab, diese konnte ich dann aber zum Glück ziemlich bald mal zu Hause lassen. Ich freute mich sehr, die 4 in Havanna zu empfangen. Ich freute mich auch über die mitgebrachte Schokolade und den Schweizer Käse (inkl. Fondue). Und ich freute mich auf drei Wochen Touristenleben in Cuba.
In den drei Wochen, in denen wir fünf zusammen unterwegs waren, reisten wir quer durch Kuba von Havanna bis Santiago, ca. 1000 km Autofahrt, grösstenteils in einem gemieteten Van mit Chauffeur Jovanni. Für mich war es schön, mit den 4 unterwegs zu sein, ihnen Cuba zeigen und erklären zu können. In der Zwischenzeit hab ich mich ja hier wirklich schon ziemlich eingelebt und kenne den kubanischen Alltag relativ gut. Dadurch konnte ich ihnen dies auch näher bringen. Es war aber auch anspruchsvoll, als Reiseleiterin alles zu organisieren und somit die Verantwortung für den Ablauf der gesamten Reise zu haben. Das organisatorische gestaltete sich vor allem nicht ganz als einfach, da Cuba in diesen drei Wochen völlig ausgebucht war. Ich verbrachte bereits vor der Ankunft der 4 ziemlich viel Zeit mit der Suche nach Unterkünften, was ich so nicht erwartet hatte, da eigentlich die Hauptsaison vorbei war. Auch ein Ticket für meine Reise von Santiago nach Havanna zu erhalten war einmal mehr nur dank Beziehungen und Schmiergeldern möglich, es waren alle Busse und Flüge restlos ausgebucht. Auch langjährige Mitarbeiterinnen des Reisebüros teilten mir mit, sie hätten in den letzten Jahren noch nie erlebt, dass Cuba zu dieser Zeit so ausgebucht war. Die wenigen verfügbaren Unterkünfte mit den Ansprüchen meiner Gäste zu kombinieren, war eine weitere Herausforderung. Meistens waren dann am Ende des Tages jedoch alle einigermassen zufrieden.
Ich glaube, die 4 sind mit sehr vielen Eindrücken vom realen Leben in Cuba nach Hause gegangen, was sicher nicht immer nur die schönste (touristische) Seite beinhaltet. Die Ankunft in Havanna gestaltete sich für sie zuerst mal als etwas schockierend. In ganz Kuba sind die Gegensätze sehr ausgeprägt, im Zentrum in Havanna, wo wir die ersten zwei Nächte hausten, ist dies jedoch noch viel stärker der Fall. Kaputte Strassen mit rostigen Autos und fast einstürzende Häuser auf der einen Seite, einige Meter daneben superschöne koloniale Bauten und prächtige Alleen sowie wunderschöne Oldtimer, an denen vor allem Papi grosse Freude hatte. An diesem Abend sahen die 4 vor allem die kaputten Strassen und fast einstürzenden Häuser. Zudem hatten wir Pech und sassen in ein Restaurant, in dem es kaum was hatte, was auf der Karte stand. Tja, herzlich willkommen in Cuba, „no hay" (es hat nicht), der Satz der mich nach wie vor fast täglich begleitet hier.
Nach einem feinen z'Morge erhielten wir am ersten Reisetag eine (deutsche) Stadtführung durch Havanna von Rainer, dem kubanischen Freund einer Schweizer Kollegin von mir. So lernten die 4 auch die schönen Seiten von Havanna kennen und das Bild vom Vorabend relativierte sich ein wenig. Nebst dem Geschichtlichen, erklärte Rainer ihnen unter anderem auch, wie die libreta funktioniert. Das Büchlein, das jeder kubanische Haushalt anfangs Jahr erhält und mit dem die KubanerInnen zu Spottpreisen gewisse rationierte Lebensmittel in der Bodega beziehen können. Sofern die Lebensmittel dann vorhanden sind. Wenn dann beispielsweise 2 -3 mal pro Monat das Poulet kommt, stehen die KubanerInnen stundenlang Schlange, um dies zu beziehen. Das Leben in Cuba ist eine tägliche Herausforderung. Nebst dem, dass es vieles ganz einfach nicht gibt (no hay), ist das restliche häufig nur in den Devisenläden zu haben. Für alle, die Cuba nicht kennen: es gibt hier zwei Währungen, die moneda nacional (pesos, CUP) und die Divisen (dollar, CUC). Auf Märkten und an „billigeren" Orten zahlt man mit moneda nacional. Alles was in CUC gekauft wird, ist verhältnismässig sehr teuer. Touristen bezahlen grundsätzlich fast alles mit CUC. Und es gibt eben Läden, in denen man mit Divisen bezahlt, und andere, in denen man mit moneda nacional einkaufen kann. Da gibt es aber nur ganz wenige Sachen. Ich spreche dabei von für uns alltäglichen Dingen wie Waschpulver, Abwaschmittel und Toilettenpapier, das in Divisenläden gekauft wird. Dies führt beispielsweise dazu, dass die meisten kubanischen Haushalte kein WC-Papier haben, weil es verhältnismässig eben viel zu teuer ist. Für uns Europäer unvorstellbare Dinge, hier pure Realität.
Nun gut, unsere Reise durch Cuba begann am zweiten Tag nach der Ankunft der 4, mit einem Bus aus dem Jahr 1938 Richtung Touristenhochburg Varadero. Dort zeigte sich uns ein völlig anderes Cuba als in Havanna, geprägt von grossen All Inclusive-Hotelkomplexen mit vollen Bars und Buffets und wunderschönem Strand mit türkisblauem Meer. Leider waren die ersten drei Tage unserer Reise überschattet von einer Kaltfront, die über Cuba fegte. Ich war wirklich am frieren, und an baden war an diesem Tag für die meisten von uns nicht zu denken, nur Mami wagte einen kurzen Sprung ins kühle Nass. De Kaltfront legte sich dann zum Glück aber rasch und es wurde von Tag zu Tag heisser - Höhepunkt in diesen drei Wochen war die tierra caliente (heisse Erde) Santiago, wo das Termometer 36° anzeigte. Viele Touristen, die nach Cuba kommen, gehen nur nach Varadero und verbringen zwei Wochen am Traumstrand. Varadero ist wirklich schön, für mich aber fernab vom realen Leben in Cuba. Ich stellte mir die Frage, wie es wohl für einen Kubaner war, in dieser Welt zu arbeiten, die doch so anders war als sein Alltag, der einige Kilometer davon entfernt stattfand?! Daher war unser Ausflug dorthin auch nur kurz und am nächsten Tag gingen wir bereits mit unserem gemieteten Van mit Chauffeur weiter Richtung Karbikküste, an die Playa Larga. Unterwegs hielten wir an der Finca Campesina, wo wir viele kubanischen Pflanzen und Bäume kennen lernten und den richtigen kubanischen Kaffee genossen. Auch der Stopp an einer Krokodilaufzuchtstation war sehr interessant. Dort wurde uns viel Spannendes zum Krokodil erklärt. 50% der dort aufgezogenen Krokodile werden auf der Zapata-Halbinsel freigelassen, um die Spezie zu erhalten. Die weiteren 50% werden für die Fortpflanzung gebraucht oder zum Verzehr geschlachtet. An diesem Abend gestaltete sich die (erste) Unterkunftssuche als schwierig, da die casas particulares in Playa Larga entweder voll oder doch äusserst einfach waren. Schlussendlich beendeten wir die Suche mit dem Entscheid, im einzigen (staatlichen) Hotel von Playa Larga unter zu kommen. Nebst den 4- und 5-Sternehotels hier in Cuba, raten selbst die KubanerInnen grundsätzlich eher von Hotelunterkünften ab und empfehlen die Unterkunft in Privathäusern (casa particular) und das Essen in Privatrestaurants (paladar). Meine vier Gäste wollten dies zu diesem Zeitpunkt noch nicht so ganz glauben. Nachdem sie jedoch die vernachlässigten Bauten (Pool ohne Wasser, teilweise renovationsbedürftige Räume) sahen, ein hervorragendes z'Nacht im Paladar neben dem Hotel genossen und spätestens beim Frühstück am nächsten Morgen, das einfach nur schlecht und peinlich war, glaubten sie mir dann. So trafen wir den Spontanentscheid, bereits an diesem Tag weiter zu reisen und nicht wie geplant zwei Nächte in Playa Larga zu verbringen.
In den ersten drei Tagen als Reiseleiterin wurde ich auch sehr stark mit dem Thema Kommission konfrontiert. Fünf Touristen sind in Cuba natürlich ein gefundenes Fressen für die Schlepper. Auch ich lief in diese Falle und nervte mich mehrmals sehr darüber. Als Touristin in Cuba konnte ich damit leben. Am meisten Mühe hatte ich aber damit, zu merken, dass auch Leute, von denen man glaubte Vertrauen zu können, versuchen mit einem Geld zu machen. Wenn man bedenkt, dass ein kubanischer Angestellter im Monat durchschnittlich gerade mal 15 - 20 CUC verdient, was zum überleben nicht ausreicht, „halblegale" Geschichten dadurch notwendig und an der Tagesordnung sind und man als Schlepper an einem Nachtessen für fünf Personen im Schnitt ca. 25 CUC verdient, so kann man einigermassen nachvollziehen, warum sich jemand diesem Metier widmet.
Nach einem Ausflug auf die Zapata-Halbinsel, wo wir Flamingos und andere Vögel beobachteten, ging unsere Fahrt am nächsten Tag weiter nach Cienfuegos, die „Perle der Karibik". Eine wunderschöne Stadt, die die 4 mit ihrer Sauberkeit, den schönen kolonialen Häusern und dem palmenübersäumten Malecon (Uferpromenade) beeindruckte. Die Zimmersuche gestaltete sich hier als sehr schwierig, es war alles ausgebucht. Hier nahm ich die Hilfe der Schlepper dankbar in Anspruch. Wir verbrachten drei schöne Tage in Cienfuegos, besichtigten die Stadt, lernten den Hausstrand Rancho Luna kennen, wo die Männer ihre erste (und letzte) kubanische Zigarre „genossen" und Cuba Libre tranken. Die Erkenntnis, dass im Restaurant eine Flasche Rum mit Cola fast halb so teuer war wie fünf Cuba Libre führte dazu, dass wir meistens eine Flasche auf dem Tisch stehen hatten und somit mehr als einen Drink nahmen. Von Cienfuegos aus machten wir auch einen Tagesausflug nach Santa Clara, die Stadt des Che Guevara. Eine historisch sehr wichtige und interessante Stadt mit einem schönen Museum, das dem Leben des Che gewidmet ist. Am dritten Tagen packten wir unsere Sachen und machten uns mit Sack und Pack auf den Weg zum Wasserfall El Nicho. Ein wunderschönes Naturparadies mit einem Rundweg, der zu mehreren Wasserfällen führt, wo man auch baden kann. Wir genossen den Tag in der Ruhe der Natur in vollen Zügen.
Die Ankunft in Trinidad am Abend war wie das Eintauchen in eine andere Welt, für mich das erstmalige Eintauchen der 4 in das richtige und lebendige Cuba. Der Gegensatz zu Cienfuegos ist gross und die 4 mussten sich zuerst einmal daran gewöhnen. Die vier Tage in Trinidad vergingen dann aber wie im Fluge. Wir besichtigten die Stadt, assen und tranken gut, genossen abends das Treiben in der Casa de la Musica und schauten den Rumba- und Salsatänzern zu. Meine Zimmervermieterin nahm uns auch mit an eine „Party für ältere Leute", wo wir alle tanzten und uns amüsierten, trotz der fast unerträglich lauten Musik. Tagsüber unternahmen wir Ausflüge: mit der Dampflok ins Valle de los Ingeios, dem Zuckerrohrtal, oder zu Kaffeeplantagen und Wasserfall in den Bergen der Topes de Collantes. Die 4 genossen auch einen Strandtag am schönsten Strand der Karibikküste, Playa Ancon, währenddem ich mit Fieber und Grippe das Bett hütete.
Dank viel Schlaf und Heilkräutern, mit denen mir meine Vermieter einen Tee brauten, war ich am nächsten Tag wieder fit für die Weiterreise nach Camagüey und am Tag danach nach Bayamo. Zwei schöne Städte, die uns in erster Linie als Zwischenhalt dienten, um die Reise nach Santiago in mehreren Etappen zu gestalten. Nach einem kurzen Stopp in der bekanntesten Pilgerstätte von Cuba, der Kathedrale El Cobre, kamen wir am 5. März in Santiago de Cuba an. Dort lernten meine vier Gäste mein Zuhause hier in Cuba, sowie die Leute, mit denen ich den Alltag verbringe, kennen. Wir besichtigten die Stadt mit der Stadtführung von Shekil, die Burg von Santiago, machten einen Ausflug zum grössten Stein von Amerika, la Gran Piedra, von wo aus wir eine tolle Aussicht über die Sierra Maestra genossen und fuhren zum Parque Baconao wo wir Delfine und Flamingos sahen. Es war heiss in Santiago, fast unerträglich heiss, und so waren die 4 froh um einen Nachmittag am Pool des Hotel Melia Santiago - Unterkunft die wir Mami zur Überraschung zu ihrem 60. Geburtstag schenkten. Diesen feierten wir am Sonntag, 8. März. Bereits um Mitternacht stiessen wir mit Champagner, Piano- und Gitarrenklängen zu ihrem Geburtstag an. Den Tag starteten wir dann mit einem feinen Brunch. Danach holte uns ein schöner Oldtimer aus dem Jahr 1955 ab und führte uns zur Bucht von Santiago. Von da aus machten wir eine Schiff-Rundfahrt in der Bucht, mit Captain Priska an Bord. Wir genossen den Nachmittag auf dem wundervoll ruhigen Cayo Granma, und liessen den Abend nach einem feinen z'Nacht mit Torte und Cuba Libre bei mir zu Hause ausklingen.
Am nächsten Tag flogen wir frühmorgens nach Havanna zurück, und beendeten so unsere Rundreise. In Havanna machten wir eine Stadtrundfahrt mit dem Touristenbus und besichtigten noch eine Zigarrenfabrik, wo uns näher gebracht wurde, wie die weltberühmten Zigarren von Cuba hergestellt werden. Am Dienstag Abend verabschiedeten wir uns dann am Flughafen von Havanna. Wir waren alle sehr müde, aber zufrieden mit dem Erlebten der letzten drei Wochen. Die 4 nahmen sehr viele Eindrücke mit nach Hause, und brauchen wohl noch ein wenig Zeit, um diese zu verdauen. Meinerseits freute ich mich, am nächsten Tag nach 16 Stunden Busfahrt für einige Tage in meinem Zuhause in Santiago de Cuba zur Ruhe zu kommen und mich zu erholen, aber auch ein wenig tanzen zu gehen (ich konnte es nicht sein lassen). Ich freute mich, wieder mal selbst kochen zu können und das Schweizer Fondue schmeckte trotz grosser Hitze vorzüglich und die Familie von Shekil, mit denen ich es teilte, genossen es genauso wie ich.
Und nun geht bereits meine nächste Reise los - fünf Wochen Costa Rica. Ich bin gespannt auf dieses Land und was es alles zu bieten hat. Ich freue mich auch, für eine Weile über das World Wide Web mit der ganzen Welt und euch allen besser vernetzt zu sein. J
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