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Kuba aus meiner Sicht habe ich in den letzten Blogeinträgen nun schon geschildert, daher hab ich für die letzte Woche in Kuba gedacht, ein Gastbeitrag von meinem Bruder wäre spannend J:
Vor der Reise hat uns Miriam eine SMS geschickt, dass wir die Wertvorstellungen in Europa lassen, den Standard herunterschrauben und uns für eine völlig andere Welt öffnen sollen. In Anbetracht der bereits erhaltenen Informationen von ihr und einigen anderen Leuten, die bereits in Cuba waren, war ich aus meiner Sicht gut gewappnet für eine Woche Urlaub in Cuba. Bereits bei der Ankunft am Flughafen wurde gleich einmal klar, dass man hier alles etwas gemütlicher angeht. Vom Flugzeug bis zur Gepäckausgabe brauchte man rund 45 Minuten, bis das Gepäck da war ging es zumindest gefühlt nochmals fast so lange. Als wir dann unser ganzes Gepäck beisammen hatten, gab es nach neun Monaten endlich ein Wiedersehen aller Geschwister, auf das wir uns alle sehr gefreut haben. Nachdem wir (oder besser gesagt Miriam) bereits die ersten Kubaner abwimmelten, die uns einen Gepäckwagen oder sonst etwas andrehen wollten, ging es mit dem Mietwagen zum Casa Particular in der Innenstadt. Nach einem Schlummertrunk in einem nahe gelegenen Restaurant ging ich zwar übermüdet, aber mit einem Lächeln im Gesicht ins Bett.
Am nächsten Tag zeigte uns Miriam die Hauptstadt Cubas in allen Facetten. Wir sahen wunderschöne Gebäude, die neben halb eingestürzten Häusern standen, Baugerüste aus Holz, viele Oldtimer, Warteschlangen vor Geschäften und vieles mehr. Einiges davon habe ich schon auf Fotos gesehen, trotzdem war es eindrücklich, das alles mit den eigenen zwei Augen gesehen zu haben. Typisch kubanische Fotosujets wie beispielsweise einen Cubano, der Zeitung lesend und Zigarre rauchend auf einer Treppe vor dem Hauseingang sass, bekamen wir natürlich auch zu Gesicht. Am Abend gingen wir gemäss der Tradition von Karin und Michael, die bei ihrem Urlaub jeweils ein Spiel einer lokal populären Sportart schauen wollen, zum Baseballspiel zwischen den Havanna Industriales und Holguín. Bereits beim Eingang kam es zu einer für Cuba so typischen Begebenheit. Wir vier waren zusammen mit einem Kubaner beim Eingang, der den Einheimischen vorbehalten ist. Eigentlich hätten wir einmal ums halbe Stadion laufen müssen, um zum Touristensektor zu gelangen, doch dank einem Schlepper, der offenbar mit dem Sicherheitspersonal zusammen arbeitete, kamen wir dennoch in den Sektor mit den Cubanos - natürlich nicht ganz legal, für uns aber etwas günstiger als bei Touristensektor. Das Spiel verlief zunächst spektakulär und mit vielen Punkten fürs Heimteam, gegen Ende hin zog es sich aber mit 0:0-Innings in die Länge. Dennoch war es ein besonderes Erlebnis, inmitten zwischen Cubanos das Spiel zu verfolgen.
Am nächsten Tag stand uns eine längere Autofahrt nach Trinidad bevor. Beim Zwischenhalt in Cienfuegos hat Miriam zum wiederholten Male für uns die Preise verhandelt. Die Einheimischen haben sich offenbar darauf spezialisiert, die Touristen mit immer wieder kleinen Beträgen abzuzocken, ohne dass es denen gross auffällt. Da sich Miriam aber inzwischen bestens damit auskennt, lässt sie sich das natürlich nicht gefallen und hat eigentlich bei jedem Snack, fast jedem Getränk oder auch nur beim Parken den Preis für uns verhandelt. Das brauchte zwar für sie viele Nerven, hat aber sicher unseren Geldbeutel geschont. Als kleiner Unterbruch der langen Fahrt gingen wir zum „El Nicho", einem Wasserfall im Zentrum von Cuba. Von der Schweiz aus sind wir uns ja viele Wasserfälle gewohnt, daher ging ich nicht mit allzu grossen Erwartungen dahin, so dass ich angenehm überrascht war, dass doch ordentlich Wasser zu Tale floss. Der Ausflug dahin hat sich wahrlich gelohnt.
Am nächsten Tag standen wir früh auf, da wir mit der Dampflokomotive ins Valle de los Ingenios zu den Zuckerrohrfeldern fahren wollten. Dieser fuhr gemäss den Betreibern unseres Casas um 8 Uhr los und kam etwa um 12 Uhr zurück. Als wir kurz vor 8 Uhr am Bahnhof standen, sagte man uns, dass der Zug frühestens in etwa einer Stunde fahren würde - wenn überhaupt. Es brauchte ohnehin mindestens 20 Leute, damit er fährt. Wir nutzten die Zeit, um den Zug schon mal zu betrachten. Ein Angestellter, der dort herumlief und offenbar nichts zu tun hatte, kam zu uns und gab uns eine sehr ausführliche Sondervorstellung der im Depot abgestellten Züge, inklusive einem ausgedehnten Fotoshooting. So erfuhren wir viel über die Geschichte der Züge aus den 1920ern, konnten exklusive Einblicke in die Züge erfahren und auch nicht alltägliche Fotos schiessen. Durch unsere Entschädigung für seine Arbeit ergab sich so eine Win-Win-Situation. Da wir in der Zwischenzeit auch erfahren haben, dass der Zug in Tat und Wahrheit mit Diesel betrieben wird, haben wir uns entschieden, mit dem Auto zum Torre Manaca Iznaga zu fahren, von wo aus früher die Arbeiter auf den Feldern überwacht wurden. Wären vor dem Turm nicht dutzende Verkaufsstände gewesen, wo sie wieder einmal versucht haben, den Touristen allerlei Gegenstände anzudrehen, wäre es ein perfekter Nachmittag gewesen. Bei der Rückfahrt nach Trinidad fuhren wir noch zur Playa Ancón und genossen das erste Bad in der Karibik und die Stimmung unter den Palmen - bis schliesslich eine Gruppe junger Cubanos auftauchte und die Stimmung mit überlauter Musik aus ihren Ghettoblastern kaputt machten. Schade, dass man nicht mal in so einer traumhaften Umgebung davor bewahrt ist. Den Abend verbrachen wir bei der Treppe der Casa de la música bei einigen Runden Dog und einem leckeren Bier.
Am Freitag fuhren wir wieder etwas weiter, es ging in Richtung Schweinebucht zum Tauchen. In Punta Perdíz fanden wir einen schönen Spot mit einer Tauchbasis, wo man auch schnorcheln konnte. Nach längerer Verhandlung konnte Miriam erzwingen, dass wir uns alles einmal anschauen können, ohne Eintritt zu bezahlen. Als wir alles für gut befunden haben und auch mit den Tauchinstruktoren einen Tauchgang für Miriam und Michael vereinbart hatten, zahlten wir die 5 CUC pro Person doch noch. 5 CUC für ein All you can drink-Angebot, inklusive Liegestuhl, da kann man sich nicht beklagen. In der Schweiz zahlt man für ein Bier fast so viel und hier waren auch die Cocktails inklusive. Da ich bisher weder getaucht noch geschnorchelt hab, schlug ich das Angebot aus, mit Miriam und Michael mitzutauchen und ging mit Karin schnorcheln. Die Premiere war genial, man hatte eine sehr gute Sicht (bestimmt mindestens 10 Meter), es hatte schöne Korallenriffe und auch bunte Fische. So verlief die Zeit wie im Fluge. Nach fast einer Stunde waren wir wieder an Land, wo die Taucher bereits auf uns warteten. Natürlich genehmigten wir uns dann an der Bar noch einige Drinks, bevor es zum Casa in Playa Larga ging. Dort machten wir noch einen Spaziergang am Strand und wurden dann von starken Niederschlägen überrascht. Zum Glück war der Regen nicht wirklich kalt und nur eine willkommene Erfrischung. Diese bot das Meer mit 30° Wassertemperatur nämlich nur bedingt. Als Fussballfan fand ich den Besitzer des Casas auch sehr interessant. Er begrüsste uns im Trikot von Rayo Vallecano, als ich ihn darauf ansprach sagte er, er sei auch Fan von Real Madrid und dem FC Barcelona. In Europa ein absolutes No-Go, aber hier scheinen die Cubanos einfach Fussball zu lieben und sympathisieren mit den Mannschaften, die eben erfolgreich sind und oft gezeigt werden. Durch die Sprache ist es daher nicht verwunderlich, dass man auch auf den Strassen immer wieder Leute in Real-Trikots (vorwiegend) sieht. Es kam sogar mehrmals vor, dass wir in Restaurants gingen, wo entweder das Besteck oder die Teller mit dem Real-Logo versehen waren.
Nach einer erholsamen Nacht im bisher besten Casa (wir hatten ein eigenes Haus mit Küche und Wohnzimmer, dazu eine Terrasse mit den typischen Schaukelstühlen und zwei grosse Zimmer für uns vier) stand uns eine lange Fahrt in den Westen nach Viñales bevor. Zunächst war eigentlich noch ein Tauchgang in Cueva de los Peces geplant, als wir dort kurz vor neun ankamen war aber noch niemand da. Als die Angestellten dann langsam eintrudelten, hiess es, sie müssen noch auf den Chef warten, bevor sie loslegen konnten. Wir entschieden uns dann, den Tauchgang bei den Fischhöhlen auszulassen und fuhren los, besichtigten zunächst eine Krokodilfarm in Jagüey Grande, bevor es auf der Autobahn in Richtung Westen ging. Die Autobahn bietet in Cuba auch viel Sehenswertes. Mal abgesehen davon, dass man immer mal wieder Schlaglöchern ausweichen muss, darf man beispielsweise rechts überholen. Fahrradfahrer benutzen ebenfalls die Autobahn, selbstverständlich trifft man auch dauernd Fussgänger an. Die Einheimischen versuchen am Strassenrand noch Speisen zu verkaufen und einmal kreuzten sogar zwei Ochsen mit einem Anhänger die Autobahn. So wurde die rund fünfstündige Fahrt auch nicht langweilig. Besonders komisch war es aber, als wir auf der Hauptstrasse von einem Polizisten angehalten wurden, welcher der Meinung war, Miriam sei zu schnell gefahren. Er meinte, bei Kurven und Brücken müsse man auf 50 herunterbremsen und wollte meine Schwester davon überzeugen. Sie fragte nach, in welchem Artikel das denn stehe. Der Polizist antwortete, dass sein Kollege, der gerade mit einem anderen Auto beschäftigt war, dies genau sagen könne, wir sollen nur kurz warten. Als sich dies jedoch in die Länge zog, resignierte er und liess uns weiterfahren. Natürlich war auch das mal wieder nur ein Versuch, von den Touristen Geld zu kassieren. Manch einer hätte da sicherlich anstandslos bezahlt, schliesslich traut man ja den Polizisten. Aber wenn's ums Geld geht, darf man in Cuba offenbar niemandem vertrauen. Kurz vor Viñales besichtigten wir noch die Robaina-Tabakfarm in San Luis. Auch dort gab es wieder eine typisch cubanische Szene. Auf der Hauptstrasse wiesen uns die Einheimischen den Weg, einer fuhr mit dem Fahrrad vor uns her, weil er sich bei der Tabakfarm eine Provision abholen wollte, weil er uns dort hin gelotst hat. Dummerweise war der Weg aber auch ausgeschildert und nach kurzer Diskussion hat ihn Miriam dann überholt und abgehängt. Selber schuld, wenn er sich so aufdringlich verhält und sogar sein Fahrzeug vor uns quer stellte, damit wir hinter ihm blieben und anhalten mussten.
An unserem letzten kompletten Tag in Cuba machten wir noch eine Wanderung um die Kalksteinfelsen von Viñales. Die Einheimischen sagten uns, dass der Weg sehr nass und daher zu Fuss kaum passierbar sei, wir sollten doch auf ein Pferd steigen und damit die Wanderung fortsetzen. Wir hielten dies zunächst auch wieder für einen billigen Versuch, uns Geld abzuknöpfen, aber letztlich stellte es sich heraus, dass der Weg wirklich sehr schlammig war. Nachdem Karin und ich die erste Schlammmasse noch mit einem Bewohner (der uns dann zufälligerweise auch noch ein Getränk verkaufen wollte) umgangen waren, sahen wir ein, dass auch wir uns durch den Schlamm kämpfen mussten. Bis zu den Waden versanken wir teilweise im Schlamm, aber wenn man erst einmal voller Schlamm ist, spielt das dann auch keine Rolle mehr. Nach etwa der halben Distanz kam einer auf dem Pferd vorbei, nach dem Miriam wenig zuvor gefragt hatte. Sie ist dort schon mal mit ihm ausgeritten und er hat sich gefreut, sie wieder zu treffen. Er ging ein Stück mit uns, bis wir zu einer grossen Pfütze gelangten. Auch er war der Meinung, dass man da nicht wirklich durchkommt und bot uns an, uns auf dem Pferd rüber zu bringen. Wir nutzten aber das Wasser, um uns etwas vom Schlamm zu befreien. Zwar versanken wir bis zu den Oberschenkeln im Wasser, aber darauf kam es ja schliesslich auch nicht mehr drauf an. Der Rest des Weges war dann wieder etwas trockener und kurz vor Viñales kam noch eine Kutsche vorbei, die uns mitnehmen wollte. Da Karin ohnehin mal Kutsche fahren wollte, stiegen wir für den letzten Kilometer noch auf die Kutsche und liessen uns ins Dorf kutschieren. Als wir dann beim Casa ankamen, hatten die Vermieter zunächst keine Freude beim Anblick unserer Schuhe, sie zeigten sich jedoch grosszügig und stellten uns mehrere Kessel Wasser hin, damit wir unsere Schuhe vom gröbsten Schlamm befreien konnten. Am Abend assen wir dann endlich noch ein richtig kubanisches Essen mit Reis, Bohnen und Schweinefleisch, es war wie eigentlich immer wieder sehr lecker.
Am Montag fuhren wir zurück zum Flughafen, nach einer Woche Cuba hiess es wieder Abschied nehmen von diesem einmaligen Land. Es gab sehr viele schöne Erlebnisse, beispielsweise die leuchtenden Kinderaugen, als wir ihnen kleine Geschenke wie Seifenblasen oder Kleider schenkten. Auch für uns unfassbare Kontraste, seien es schöne Häuser neben Ruinen, ein Kinderspielplatz, der aus ausrangierten Kriegsmaterialien bestand, oder Kinder, die zu Hause hinter einem Gitter am Spielen waren, bekamen wir oft zu sehen. Nach einer Woche in Cuba sieht man die Welt wieder mit ganz anderen Augen. Natürlich gibt es auch Sachen, die weniger schön waren. So zum Beispiel, dass hier alle und alles sehr geldfixiert funktioniert. Man bekam teilweise den Eindruck, dass jeder nur etwas macht, wenn er Geld dafür bekommt. Im Alltag mag das weniger extrem sein, wie uns Miriam versicherte, aber als Touristen ist das ziemlich nervenaufreibend und mühsam (auch wenn wir das Glück hatten, dass unsere Schwester das Verhandeln für uns übernahm). So verliessen wir Cuba in Richtung Panama mit vielen Eindrücken, die meisten davon positiv, und erlebten in Panama City gleich wieder den Kontrast in die andere Richtung mit Werbungen an allen Ecken und Enden, teureren Preisen und der Qual der Wahl in überfüllten Shops. Aber das darf Miriam in ihrem Blog wieder selber erzählen. J
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