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Maundy Thursday, 5. April 2012, 4th Presbyterian Church Chicago
Mandatum novum do vobis: Ein neues Gebot will ich euch geben - dass ihr einander liebt wie ich euch geliebt habe! Maundy Thurstay bekommt seinen Namen von diesem „Mandat".
Setting: Schon eigenartig, mitten im städtischen spätnachmittäglichen Treiben, rund herum Läden, Coiffeursalons, Restaurants, betreten wir die stille Kirche neben dem historischen Wasserturm im Zentrum Chicagos. Die hinteren Bänke mit roten Kordeln abgesperrt, steuern uns zahlreiche freundliche „ushers" zu den vorderen Bänken, wo wir am Schluss wohl etwa 500 Menschen sind, 99 % weiss, offensichtlich Mittel- bis Oberschicht. Man fühlt sich ins Fraumünster versetzt. Schon am Eingang haben wir wieder ein perfektes Bulletin bekommen, eine presbyterianische Spezialität. Alles ist auf angenehmes Papier gedruckt, ich weiss genau, wann ich dran bin, alles Osterliturgien in einem Heft. Perfekt. Im steil gestuften Chorraum besetzt der Chor die oberen Ränge, alle in einer Art Operationskittel gekleidet, leuchtend blau, wie die Farben der Presbyterian Church. Unten erfolgt der Einzug des „Staff", die Pfarrer und Pastorinnen, drei im Talar mit Bäffchen, die anderen neun (!) in schwarzem Anzug mit Priesterkragen. Vier Frauen. Der erste Pfarrer, Head of Staff, sitzt in der Mitte, etwas hervorgehoben. Acht Kerzen auf hohen Ständern brennen.
Musik: Auf dem Bulletin wird dem Music Staff gedankt, dass sie die Musik zum GD so passend ausgelesen, eingeübt und performt haben. Die Chorstücke, eines davon kannte ich (Ave Verum von Mozart) sind tadellos, auch schön inszeniert dort vorne. Dazwischen Lesungen der Passionsgeschichte. Jede Lesung hatte den Titel eines „Schatten": Shadow of Temptation, shadow of Betrayal etc . Nach den paarweisen Lesungen haben wir gesungen, oder der Chor hat gesungen, oder das Abendmahl wurde durchgeführt.
Liturgie: Nach jeder Lesung wurde die Kirche einen Tick schattiger: Der Lesende/die Lesende hat mit einem langen Stab eine Kerze ausgelöscht und auch das elektrische Licht wurde etwas weiter gedimmt. Am Schluss sind wir in der absolut dunklen Kirche gesessen, eine einzelne Männerstimme hat einen Spiritual gesungen, „were you there when they crucified my Lord" - perfekt inszeniert. In der Stille haben wir dann alle die Kirche verlassen. Ein eindrückliches Erlebnis, das auch vom Kontrast mit der Aussenumgebung lebte, und wieder einmal gezeigt hat, wie wichtig die sorgfältige Inszenierung der Liturgie ist.
Das zeigte sich auch schön am Abendmahl: Vierzehn Helferinnen und Helfer „servierten" in einer Art tänzerischen Choreographie Brot und Wein. Sogar die Form des Brotes war ästhetisch ausgeklügelt: ein kleines ausgestanztes Stück gebackenen salzigen Teiges, nicht einfach verbröckelte Mazzen wie an allen bisherigen Gottesdiensten. Einfach spannend zu erleben, was alles zur Schönheit des Gottesdienstes beiträgt. Und dass „Schönheit" ein Teil dessen ist, was den Gottesdienst als stimmig erleben lässt.
Eine Predigt gab es in diesem Gottesdienst keine, er hat auch so gestimmt. Nun sind wir gespannt auf die nächsten Feiertagsgottesdienste. Ob sie dieses Niveau erreichen können?
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