Profile
Blog
Photos
Videos
im centro von sao bernado ist samstags markt. meterlange stände mit obst gibt es dort, 1000 verschiedene sorten. viele davon kenne ich gar nicht, aber es sieht schön aus und megabunt und es riecht wunderbar. ich bin total fasziniert! an einem stand gibt es chilli sorten in allen farben, größen und schärfegraden. in dem moment sind die hässlichen häuser vergessen und alles ist interessant und toll. nebenan steht eine wunderschöne kleine kirche. zum ersten mal meine ich den satz: "oh wie schön" auch ehrlich.
leider fängt es schon kurz darauf an zu regnen. überhaupt das wetter. es regnet hier mindestens einmal am tag. manchmal auch 10 mal. und das richtig! dann fühlt es sich gleich kühl an, vor allem wenn es dann noch windig ist. dazwischen scheint immer wieder mal die sonne. dann ist wieder tshirt-temperatur. ganz wirr macht mich dieser wechsel, ich weiß gar nicht was ich anziehen soll und habe ständig nasse füße.
zu hause entdecke ich die nächste kuriosität: unsere waschmaschine. sowas hab ich noch nie gesehn. sieht aus wie ein bottich mit einem durchsichtigen deckel und macht die komischsten geräusche. richtig schleudern tut sie nicht, sie rührt die wäsche nur um. und das nur kalt! auf meine frage, wie man denn dann 60 grad wäsche waschen soll, wird mir erkärt dass das nicht nötig wäre. die wäsche wird auch kalt sauber und geht so weniger kaputt als bei den deutschen waschmaschinen. ich nehme das so hin ohne darauf hinzuweisen, dass meine wäsche durch europäische waschmaschinen grundsätzlich keine schäden erleidet. aber meine mitbewohnerinnen sind belustigt über meine frage, da die deutschen mit denen sie vorher zusammengewohnt haben, wohl genau das gleiche gefragt haben.
als ich mich erkundige, ob hier ein bestimmtes müllsystem besteht, ernte ich schallendes gelächter. wieder so eine deutsche frage. aber tatsächlich ist man in sao paulo schon weiter. immerhin kann man plastik in einer extra tonne sammeln. überhaupt umweltschutz... existiert hier wenig. im restaurant und im cafe bekommt man sein besteckt in plastik verpackt! überhaupt ist fast alles aus plastik.
am nachmittag fahre ich mit lilian nach sao paulo centro. und zwar ganz abenteuerlich mit vorortzug und ubahn. das klappt erstaunlich gut und die metro ist sauber und modern, viel schicker als die u-bahn in berlin. nur der bahnhof, wo wir in den vorortzug einsteigen ist sehr traurig. viele bettelnde menschen, zerlumpte gestalten die mit babys im arm weggetreten in der ecke sitzen. schon eine halbe stunde später auf der avendida paulista das kontrastprogramm. hippe menschen in stylishen klamotten trinken nach dem shopping in angesagten cafes einen cafe latte. ein paar meter weiter gibts eine demo und ein meer von polizisten. dazwischen millionen autos und regen in strömen. aber ein paar kleine häuser aus der kolonialzeit sind erhalten geblieben und werden als museeun und veranstaltungsorte benutzt. zwischen den hochhäusern sieht das sehr seltsam aus. eines davon hat einen süßen garten und ein cafe. auf der terasse einen kleinen flohmarkt mit vintagekram und drinnen gibt es gerade einen poetry slam, von dem ich kein wort verstehe. ich bin trotzdem begeistert.
zurück in sao bernado, zeigt mir lilian ihren stadtteil santo andre. wir fahren an mehreren favelas vorbei. dort wo die leute wohnen, die den ganzen tag arbeiten und deren geld trotzdem nicht für ein anständiges apartment reicht. alles schon mal im fernsehen gesehn, aber noch nie aus ein paar metern entfernung. die häuser sind klein und schief und stehen dicht beisammen, als ob sie ineinander übergehen. manche sind bunt gestrichen, als ob man wenigstens ein bisschen schönheit hier reinbringen will. denn wirklich was schönes gibt es hier nicht. alles ist alt und kurz vorm verfall, dazu ist es unübersichtlich und eng. deswegen kommt die polizei nicht hierher. menschen sitzen vor ihren häusern, kleine kinder spielen auf der strasse, die man allerdings eher als feldweg bezeichnen kann. eines hat ein stofftier im arm und steht auf einer aussentreppe im ersten stock. alleine und die treppe hat kein geländer! ein stück weiter haben junkies sich unter einer brücke ein camp aus plastikplanen und tüten gebaut. direkt neben einem gehweg. aber hier läuft niemand vorbei. hier fährt man mit dem auto vorbei weil man muss und das ganz schnell. nur ein paar hundert meter weiter von dem ganzen ist eine uni. natürlich mit zäunen. elektrozäunen. "brasilien ist ein land der gegensätze" sagt meine chefin und ich frage mich, wie man das täglich ertragen kann.
eine verrücktheit ist auch die stromversorgung. sämtliche kabel sind oberirdisch und komplett abenteuerlich befestigt an strommasten, bäumen und häusern. dicke ballen aus verknoteten leitungen. ich weiß nicht wie da jemand den überblick haben soll, falls da was repariert werden muss!!
danach gehe ich erst mal mit meinen frisch erworbenen reais in den carrefour, ein riesen supermarkt, mega unübersichtlich. ich bin geschockt als ich die preise sehe. fast alles ist teurer als in deutschland. vor ein paar tagen hat mir einer meiner brasilianischen schüler davon erzählt und ich hab das gar nicht richtig geglaubt. aber er hat recht. ich kaufe tütenweise zeug und schleppe alles auf dem parkplatz. in brasilien kann man sich für einen guten preis vom dem supermarkt-fahrservice mitsamt seinen säcken nach hause fahren lassen. noch so etwas, was ich noch nie gesehen habe. der fahrer erzählt und erzählt und ich verstehe nix und lächle und schalte die nickmaschine ein.
meine mitbewohnerinnen und mein kollege daniel, der 2 etagen über uns wohnt, wollen nach SP centro fahren. in irgendeinen club. also auf ins centro. vorher müssen wir aber tanken. nächstes erlebnis: dazu muss man nicht aussteigen! daniel fährt neben die tanksäule und schon kommt ein mann angewieselt, der fragt was wir möchten und sich am tank zu schaffen macht. dann kommt er und kassiert. so kann man die ganze zeit im auto sitzen bleiben. ist sicherer so. ich verstehe.
schon 20 minuten später bin ich wieder erstaunt. auf dem parkplatz vor dem club, müssen wir eine parkgebühr bezahlen! umgerechnet 8 euro! auf meine nachfrage sagt stefanie: "wenn man mit irgendwas geld machen kann, dann macht man das auch." wenigstens ist der eintritt für frauen frei und ich komme in den genuss, eines der typischen getränke brasiliens, guarana, zu probieren. ist ok, mein lieblingsgetränk wird es aber nicht. der club entpuppt sich als freiluftdisse, zum glück überdacht (regen)! aber mir ist kalt. seltsamerweise scheine ich die einzige zu sein die friert.
am nächsten morgen muss ich erst mal ausschlafen. ich bin fix und fertig von so viel neuem. stefanie, aline und daniel kochen ein begüßungsessen für mich. pasta und überbackenes gemüse. alles superlecker. dazu einen schokokuchen mit einer dicken schokosoßse. außerdem macht stefanie für mich brigadeiro, eine typische brasilianische süßigkeit. eine masse aus schokolade und einer sahnecreme, die dann zu kugeln geformt wird. es schmeckt hammersüß aber megagut.
überhaupt, wenn ich meine mitbewohner nicht hätte, wäre ich aufgeschmissen. sie erklären mir alles geduldig und beantworten mir meine 2475 fragen. sie zeigen mir wie alles funktioniert und auf was ich achten muss. zum glück.
- comments


