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Weitere Geschichten aus dem chinesischen Alltag
In Shanghai setzten wir uns am Fluss auf eine Bank, wo ganz viel andre Bänke waren und darauf saßen und lagen ganz viele andre Menschen. Weil wir so müde waren, legten wir uns darauf, da kam schon ein Security Junge daher (zuerst dachten wir, der spielt nur verkleiden, weil er so jung ausgesehen hatte), aber als er mit seiner Trillerpfeife anfing und anzeigte, dass wir uns sofort aufzusetzen haben, taten wir es. Wir waren zwei Stunden bei der Bank. Wir hatten zwei Stunden Unterhaltung, weil alle anderen Menschen die Regel anscheinend auch nicht kannten. Der Security Junge hatte sein Sportpensum an dem Tag erledigt.
In einem Zug, einem High Speed Zug, total modern, total sauber (wie alles in Shanghai, es wird überall geputzt und gekehrt, man könnte vom Boden essen, der Bahnhof schaut aus, als ob wir nach der Eröffnung die ersten Gäste waren) und total kamot. Ein Junge neben uns (die schauen wirklich alle aus wie in der Pubertät, oder alt, dazwischen gibt es nix) klappte das Tischchen aus und legte seinen Kopf drauf. Er wollte halt schlafen. Die Schaffnerin kam, klopfte ihm unsanft auf die Schulter. Das darf man nicht. Verboten. Eine Regel.
In Xian waren wir in einem anderen Park, der eine ca. 150 m mal 50 m große Wasseranlage hatte. Man konnte nur an den beiden Enden von einer Seite zur andren, oder aber durch das Wasser, das an manchen Stelle eine Art Steg hatte. Wäre recht praktisch. Wären da nicht die zehn Security Jungs. 15, wenn mann die, die im Park herumliefen, dazurechnete. Weil wir uns einfach nur ausrasten wollten, setzten wir uns auf ein paar Stufen (wir hatten schon eine Vorahnung und setzten uns nicht ins Gras; wir erfuhren hinterher, dass es verboten ist), zogen unsre Flip Flops aus und saßen einfach nur da und schauten zu, wie die Besucher von den Security Jungs beim Überqueren des Wasserplatzes zurück gepfiffen wurden. Hallo, es hatte 39 Grad, der ganze Weg rund herum lag in der Sonne, da zählt nun mal jeder Meter! Nichts ahnend saßen wir also da, als auf einmal einer von den Securities mit Trillerpfeife im Mund auf uns zugelaufen kam. Er zeigte auf uns. Wir schauten uns an. Einmal auf uns zu zeigen könnte viel bedeuten. Wir hatten unser Gewandt an, zeigten nicht zu viel Haut, wir lagen nicht sondern saßen (im Schneidersitz, weil in gewissen Ländern wussten wir, dass man nicht die Fußsohlen zeigen sollte), rauchten nicht, hatten keinen Alkohol bei uns. Tja, aber die Schuhe, meine Lieben. Wir mussten unsre Flip Flops anziehen! Wir waren uns nicht sicher, ob er das wirklich ernst meinte und ließen ihn die nächste halbe Stunde noch zweimal pfeifend herlaufen, bis er mit seinem Funkgerät Verstärkung anforderte. Aber die war anscheinend zu beschäftigt, weil auf einmal liefen fünf Securities auf eine Seite, mit einem Gepfeife, ich lief hinterher, schließlich sieht man nicht alle Tage etwas Spannendes. Es war spannend. Drei Männer widersetzten sich der Regel des "Nicht-Überqueren".
Was uns auch aufgefallen ist, waren die Mütter, die anscheinend die
Erziehung der Kinder über hatten. Wir mussten erleben, wie Kinder neben uns gehauen wurden. Damit ist nicht ein Klaps auf den Hintern oder die Hand gemeint, sondern die schlugen mit der flachen Hand auf den Rücken der Kleinkinder. Die haben natürlich gebrüllt, die Väter standen daneben und wussten nicht was sagen und alle fanden es ganz normal. Wir nicht. Wir wollen das nicht mehr sehen.
Apropos Kinder: hier hat so gut wie jede Familie nur ein Kind. Selten, dass wir einmal eine mit mehr sahen. Die sind dann ganz stolz auf die Kinder und verhätscheln sie. Bis übers Teenager-Alter hinaus. Wir glauben halt, dass sie etwa so alt sind. Kinderwägen gibt es hier auch fast keine, kennen wir von den andren vier Ländern aber auch nicht wirklich anders. Die tragen ihre Kinder liebend gerne stundenlang herum, bei jedem Wetter.
War der Bahnhof in Shanghai blitzblank, so ist die Regel in Xiang wohl: "Müll wird einfach fallengelassen. Aufgeräumt wird es irgendwann." Es hätte niemand etwas gesagt, hätten wir es gleich getan, aber unsre Erziehung lässt es einfach nicht zu. Angeschaut wurden wir erst, als wir zu dem leeren Mülleimer in der Ecke gingen. Die Leute ließen die Schalen ihrer Orangen fallen, sie spuckten Obstkerne aus, sie warfen das Papier einfach weg - beim Gehen musste man auf den Boden schauen, um nicht über etwas zu stolpern oder in noch Schlimmeres zu treten. Eine Zimmerkollegin berichtete, dass sie über die Mongolai nach China kam. Am Grenzbahnhof in China beim Warten hatte sie die zwölf schlimmsten Stunden ihres Lebens. Nicht nur, dass die Leute alles fallen ließen, sie erbrachen vor ihren Füßen und erledigten sich jeglicher Exkremente. DAS ist auch China, und wir sind froh, es so extrem nicht erleben zu müssen.
Wie die Menschen reisen! Die Bahnhöfe gleichen Flughäfen. Zuerst zeigt man sein Ticket, dann geht es durch die Sicherheitskontrolle (incl. Scannen des Gepäcks), dann geht es in die verschiedensten Wartehallen, wo Hunderte, teilweise Tausend Menschen sitzen und stehen. Sobald der Zug aufgerufen wird, geht es nach vorne zum Gate, eine Absperrung. Teilweise stehen sie schon eine Stunde davor, um ... Ja, warum eigentlich, das wissen wir nicht so wirklich. Man hat eigentlich meistens, vor allem für längere Fahrten, einen zugewiesenen Sitzplatz. Vielleicht kämpfen sie um den besten Platz für den Koffer. Obwohl wenige Koffer haben. Die meisten haben riesige Säcke und Kartons und Kisten. Dann geht man also durch dieses Gate, zeigt nochmal sein Ticket und steht dann am Bahnsteig und wartet ein paar Minuten auf den Zug. Oder der steht schon da und man ist in der glücklichen Position, einen sauberen Zug zu haben. Er wird regelmäßig gereinigt, aber trotzdem lassen die Leute vieles fallen. Also dann ist man im Zug und es geht los. Suppenpackungen werden aufgerissen, mit heißem Wasser gefüllt und es wird geschlürft und geschmatzt. Weiteres Essen wird von den Händlern gekauft, die durchlaufen. Obwohl jeder eine riesige Einkaufstüte mit Lebensmitteln mit hat. Und in der Nacht sollte man schlafen. Machen aber nur die in den Schlafwagons. Leider hatten wir von Xian nach Peking keine Karten mehr dafür bekommen, auch für die letzte Fahrt von Peking nach Shanghai gab es keine mehr. Also jeweils 15 Stunden sitzen. Kein Spaß, sag ich euch, weil die Abstände zwischen den Bänken sind asiatisches Maß. Wir waren froh, dass wir nicht zusammen sitzen mussten!
Gefährlich wird es in China auch, wenn man ein geräuschvolles Räuspern hört, weil dem folgt ein Spucken. Egal wo. Wir hatten es schon in den Restaurants, im Bahnhof, im Zug, beim Shoppen. Im Zug darf eigentlich nicht geraucht werden. Deswegen macht man es zwischen den Wagons.
Leider kommt das Thema nochmal, aber es muss sein: die Toiletten. Stellt euch vor, ihr müsst ganz dringend, geht also dorthin, wo das Zeichen ist und als ihr reinkommt, seht ihr links und recht jeweils eine ca. 1 Meter große Mauer, die in sechs Abschnitte eingeteilt ist. Klar, es gibt keine Türen. Man sucht das Klo. Das ist es aber. Man hat eine kleine Box mit einer Einmeterbrett großen Mauer, die einen von Vorderfrau und Hinterfrau abtrennt. Dann gibt es da die Rinnen. Uns ging es beiden gleich. Beide waren wir peinlich berührt, weil man sieht die andren Frauen da hocken. Denen ist es egal, eine hockt drauf und kramt derweil in der Tasche, die andere schreibt am Handy und im Gang stehen die wartenden Frauen und schauen halt zu. Tja, uns zuzusehen war natürlich sehr interessant. Sowohl bei Brigitte als auch bei mir standen auf einmal vier Frauen an und starrten her. Das war wohl DER Moment, wo wir jegliches Wurschtigkeitsgefühl aufbringen mussten und was gleichzeitig der wohl erniedrigste Moment der Reise war. Aber wie gesagt, so wie die das gesehen hatten, haben sie das auch wieder vergessen. Würden wir auch gerne.
So, mittlerweile melden wir uns aus Peking. Das Hostel hatte vergessen uns abzuholen, drei Stunden brauchten wir mit den öffentlichen Verkehrsmittel, weil ganz China scheint derzeit in Peking Urlaub zu machen.
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