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Hallo allerseits
Eine kleine Geschichtsstunde diesmal:
Habe gerade das wohl unglaublichste Gebaeude in der ganzen Amazonas-Region besucht: Das Teatro Amazonas. Auf der Liste der Gebaeude, welche man hier nicht erwarten wuerde steht dieses Opernhaus aus der Belle Epoque wohl ziemlich weit vorn. Aber wie ueblich sollte ich die ganze Geschichte erzaehlen:
Im spaeten 19. Jahrhundert war der Export von teuren Hoelzern und speziell von Gummi ein sehr gewinnbringendes Geschaeft und die hiesigen Kaufleute brachten es sehr schnell zu immensem Reichtum. Doch irgendwann waren ihnen die grossen Anwesen wohl nicht mehr genug und sie entschieden, "dem Volke zuliebe" eine Oper zu bauen. Manaus und somit die gesamte Region sollte nachhaltig zu einem Zentrum der Zivilisation und Kultur werden und in einem Zug mit Mailand, Venedig und Paris genannt werden. 1881 wurde eine erste Finanzierungs-Tranche von USD 380'000 durch das Parlament genehmigt, welche aber bereits 1882 noch vor Baubeginn deutlich erhoeht werden musste.
Die Stadt Manaus war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch von Suempfen umgeben und so wurden 1884 fuer dieses neue Juwel des Amazonas erstmal 3 (bereits von den Bewohnern trockengelegte) Armenviertel geplaettet. Dann wurde den Bauherren klar, dass hiesige Architekten und Baumeister weder das Koennen noch die Materialien fuer einen solchen Bau hatten. Und da sich die ehrgeizigen Kaufleute nur das Beste genehmigen wollten wurde ein italienscher Architekt herangezogen, der dann schon bald damit begann, saemtliche Bauteile in Europa zu bestellen. Kronleuchter aus Venedig, Marmor aus dem Elsass und gusseiserne Gelaender aus Deutschland - ueberall nur das Beste und Teuerste. Sogar die Fussboeden, welche aus brasilianischen Hoelzern bestehen, wurden in Europa hergestellt und zurueck geschickt. Und so brachten die Gummi- und Holz-Frachter auf der Rueckfahrt von Europa Stueck fuer Stueck die Oper nach Manaus. Fuer die Beleuchtung wurde ein ganzer Trupp Englaender herbeigeschafft, welche die Oper von Manaus zur ersten komplett elektrisch beleuchteten Buehne der Welt verwandelten. Die Deckengemaelde wurden in Paris hergestellt und dann hier an die Decke geklebt. Die Liste der Beispiele koennte fast ewig weiter gehen.
Als der Bau nach vielen Verzoegerungen und noch mehr Budget-Anpassungen 1896 fertiggestellt wurde, kostete er ueber 5 Millionen USD - damals ein ungeheures Vermoegen! Doch die Gummi-Kaufleute hatten ihr Ziel erreicht und bis zur Wirtschaftskrise 1929 war die Oper Mittelpunkt des buergerlichen Lebens im Amazonasgebiet. Die ueber 700 Sitze waren alle mit eigener Frischluft-Zufuhr ausgestattet (1947 dann auf Klimaanlage aufgeruestet), mit rotem Samt bezogen und standen in einer Oper nach damaligem "State of the Art". Seither wurde das Gebaeude viermal renoviert und noch heute findet fast jeden Abend eine Veranstaltung statt, mehr als die Haelfte davon gratis.
So, ich muss mich nun vorbereiten auf die kommenden Tage. Es geht mal wieder in den Dschungel, wo ich unter anderem auch eine Nacht bei den Eingeborenen verbringen werde. Doch vorher habe ich noch eine Verabredung mit 2 Franzosen, 1 Schwedin und Verdis Nabucco.
Ich wuensche euch einen schoenen Abend und gruesse aus Manaus, Brasilien
Jonas
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