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¡Hola!
Bin mittlerweile nach 18-stuendiger Bus-Odysse (inkl. 1x Reifenpanne, 2x Motor ueberhitzt und 7x Militaer-Checkpoints mit Passkontrolle, mehr weiter unten) in Santa Helena angekommen. Da die direkten Busse alle schon ausgebucht waren fuhr ich mit einem Sammeltaxi los. Diese kleineren Busse fahren teilweise groessere Umwege und halten oefters an um Reisende auszuladen oder neue aufzunehmen. Ich war wohl der einzige an Bord, der die gesamte Strecke fuhr. Aber so kam ich in den Genuss abwechselnd zwischen Soldaten, Katzenkoerben voller Huehnern, Gepaeck oder einer Volleyball-Mannschaft zu sitzen. Aber hey: All part of the adventure!
Santa Helena liegt auf ca. 700m ueber Meer am Rande der Gran Sabana und wer von Venezuela auf dem Landweg nach Brasilien will, muss hier durch. Die Stadt ist ausserdem Startpunkt vieler Ausfluege in die Gran Sabana, in den Urwald und den begehbaren Roraima Tepui. Tepuis sind grosse Kalkstein-Monolithen, welche bis zu 900m hoch ueber die Gran Sabana ragen. Vergleichbares gibt es auch in den USA (Monument-Valley) und in Afrika. Da die meisten Tepuis nur mit Kletterausruestung oder aus der Luft erreichbar sind (die Angel-Falls heissen denn auch so wegen einem Buschpilot, Jimmy Angel, der 1937 auf der Suche nach El Dorado dort landete) sind die wenigen "normal"-begehbaren richtige Touristenmagnete. Ich fuer meinen Teil lasse diese 6-taegige Wanderung aus und verlasse Venezuela morgen in Richtung Boa Vista und Manaus. Hoechste Zeit also fuer einen kleinen Rueckblick und einen Ausblick auf das kommende.
Venezuela ist ein wunderschoenes Land mit freundlichen Menschen, Musik ueberall und total relaxed. Steht man im Stau steigen die Leute aus ihren Autos aus, drehen die Musik auf und tanzen zwischen den Autos. Die Strassen sind tagsueber voller Menschen, Essens-Staende und fliegenden Haendlern. Die Venezuelaner sind ueberaus stolz auf Simon Bolivar, ihren Nationalhelden. Sie verehren ihn denn auch omnipraesent: Stellt euch zum Vergleich vor, in der Tellischen Konfoederation Schweiz dient die Tellische Armee, bezahlt wird in den Tell-Universitaeten mit Tells und sogar Privatbanken heissen Tells XY-Bank. Stellt jetzt noch Buesten und Statuen von Tell, Walti und Aepfeln (natuerlich gut bewacht von Tell-Polizisten) an jeder Strassenecke auf und ihr habt etwa ein Bild, wies hier aussieht.
Auf den Strassen tuckert so ziemlich jeder Typ Fahrzeug der jemals gebaut wurde. Speziell alte amerikanische Autos, nur noch durch den Rost und ein bisschen Draht zusammengehalten, praegen oft das Stadtbild.
Doch leider sind diese Autos aus den 50ern nicht das einzige verstaubte und ueberholte in diesem Land. Die Regierung von Praesident Chavez hat sich der Umverteilung des Reichtums verschrieben und pushte mit grossem Druck verschiedenste Enteignungs-Programme von Oelfirmen, Baufirmen und Minen-Gesellschaften voran. Erreicht haben sie, dass niemand mehr an die eigene Wirtschaft glaubt. Der Waehrungskurs musste festgesetzt werden - niemand haelt sich daran. Bauprojekte wurden nicht aufgrund ihrer Notwendigkeit gestartet und auch nicht an qualifizierte Firmen vergeben. So bekam z.B. im Orinocco-Delta jede groessere Siedlung einen Bootsanleger aus Beton. Die Fundamente der Stuetzen fuer diese Anleger gingen wohl vergessen und so sind die Ruinen der Anleger heute nur noch Schandfleck in der Natur und Kinderspielplatz. Trotzdem ist Chavez vor allem bei der Landbevoelkerung noch sehr beliebt, doch in den Staedten regt sich Widerstand.
Tja, und wies der Zufall will sind morgen (26.09.) Kongress-Wahlen. An allen Waenden kleben Plakate oder die Wand ist gleich ganz mit Portraet und Slogan bemalt. Die Leute laufen alle in roten (pro-Chavez) oder tuerkis-farbenen (contra-Chavez) T-Shirts umher und gelegentlich werden die Diskussionen auch lauter. Die Nationalgarde ist in Alarmbereitschaft und hat ueberall Checkpoints und Sandsack-Burgen aufgebaut. Einige Schwarzmaler reden bereits jetzt von Ausschreitungen und angesichts der Emotionen, welche hier im Spiel sind, befuerchte ich, dass je nach Resultat wirklich etwas passieren koennte. Ich fuer meinen Teil bin daher froh, dass ich ab morgen in Brasilien sein werde.
Wie schon geschrieben gehts fuer mich ueber Boa Vista nach Manaus. Diese Stadt liegt mitten im Amazonas-Gebiet am Zusammenfluss von Rio Negro und Rio Amazonas. Ich will dort noch einige Tage in den Dschungel bevor ich dann am 02.10. direkt nach Sao Paulo fliege.
Leider musste ich mein Reiseprogramm in Brasilien kuerzen aber ich gedenke die 2 Wochen in Argentiniens Nationalparks zu verbringen - sicherlich nicht das schlechteste Alternativ-Programm.
In Manaus werde ich hoffentlich Zeit finden fuer meinen naechsten Eintrag. Dort werde ich auch versuchen, erste Bilder hochzuladen.
Bis dahin alles Gute,
Jonas
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