Profile
Blog
Photos
Videos
Sonntagabend... Schon wieder ist eine Woche verflogen. Die Zeit rast nach wie vor viel zu schnell an mir vorbei!
Diese Woche war allerdings di erste eher etwas mühsamere Woche für mich:
Meiner Verdauung gehts seit eineinhalb Wochen nicht gut und ich muss nun den Gürtel doch schon ein Loch enger schnallen, obwohl ich in normalen Mengen esse (und es auch geniesse!). Ich glaube, ich vertrage die Gewürze nicht gut, welche zum Injera dazugehören. Und Injera gibts hier jeden Tag zum Mittagessen im OP und bei JEDEM Besuch, bei dem wir die Gäste sind! Eigendlich wird immer und überall Injera gegessen. Immer!!! Darum bin ich froh, wenn Steffi und ich zu Hause selbst etwas anderes zum Abendessen kochen.. Ich mag Injera zwar wirklich gern, aber ich hab jetzt rausgefunden, dass ich an den Tagen an denen ich das Mittagessen auslasse im OP, am Abend keine Magenkrämpfe und Bauchschmerzen habe...
Von Donnerstag auf Freitag hab ich von 1.00 bis 4.30h wach gelegen. Konnte einfach nicht schlafen - das erste Mal seit ich hier in Afrika bin. Es hat stark geregnet und da die Häuser hier Blechdächer haben, ist so ein heftiger Regen extrem Laut! Dementsprechend war dann der Freitag etwas mühsam für mich, war ziemlich müde. Steffi begann zu kränkeln und so machten wir einen ganz entspannten Freitagabend zu Hause mit früh zu Bett gehen! Das tat gut! :-)
Bei der Arbeit fühle ich mich nach wie vor wohl, weil ich die Leute aus meinem Team sehr mag. Allerdings frage ich mich langsam, was mein Tun hier wirklich bewirkt. Ich erzähl den Leuten jeden Tag das Selbe, worauf sie achten müssen, mache sie jeden Tag auf die selben wichtigen Dinge aufmerksam. Und sie nehmen sich alles zu Herzen und befolgen meine Ratschläge, welche dem Patienten ganz bestimmt zu Gute kommen, aber ich weiss immer, dass ich es morgen wieder sagen muss.. Oder wenn ich mich freue, weil die Leute begriffen haben und von nun an machen, was ich geraten habe, erlebe ich wieder eine Entäuschung, wenn ich in einen anderen Saal schaue und feststelle, dass sie dort alles wie bisher machen. Ich versuche ihnen klar zu machen, dass sie diese Verbesserungen nicht für mich und nur bei mir im Saal machen sollen, sondern für jeden Patienten, egal in welchem Saal. Das scheint allerdings hoffnungslos zu sein und ist für mich eher frustrierend.
Auch gebe ich mir Mühe, dass die Tische grosszügig abgedeckt werden, dass die Leute die Hände stets im Sterilbereich halten, Mundschütze über der Nase tragen, etc.. Aber was bringt das alles, wenn die Abdeckung selbst Löcher hat, wenn das EK in Seifewasser eingelegt wird und dann wieder verwendet wird, wenn Schmetterlinge auf die desinfizierte und abgedeckte Wundflächen sitzen,...? Zu dem bin ich mir nicht mal sicher, ob die Instrumente die aus dem Autoklaven kommen, auch wirklich steril sind.... Ich glaube daher, am meisten bringt mein Antreiben Steffi etwas. So sind wenigstens die Leute parat wenn sie in den OP kommt und die Wechsel laufen schneller ab. Hygienemässig wird jede/r meiner Nachfolger/innen wieder das selbe predigen und es wird eingehalten, solange jemand daneben steht und darauf achtet. Ist niemand da, wird es wieder gemacht wie vorher..
Viel Freude bereiten mir allerdings unsere vier Schülerinnen! Die sind ganz jung und neu und somit noch nicht "vorbelastet". Und die nehmen motiviert auf was ich sage und setzen dies dann auch in Zukunft unaufgefordert um. Weil sie eben noch nichts anderes kennen, kann ich sie formen! ;-) Eine wahre Freude!
Allgemein kann ich sagen, dass es mir sehr gut geht hier und das Leben in Jimma toll ist und ich es nach wie vor sehr geniesse! Schon nach diesem Monat hab ich das Gefühl, vieles vermissen zu werden, wenn ich hier wieder abreise.. Und tatsächlich merk ich schon seit längerem nicht mehr, dass ich weiss bin. In der ersten Woche bin ich hier auf die Strasse getreten und hab mich ständig mit dem Gefühl im Nacken bewegt, dass ich anders sei als alle Andern um mich herum, weil ich halt anders aussehe und dementsprechend angeschaut werde.. Mitlerweile merke ich das nicht mehr... Auch wenn ich nach wie vor auffalle und im Dunkeln leuchte! ;-)
Im Ausgang ist es manchmal mühsam - es gibt Männer, die mir zu aufdringlich sind. Meist solche, die zu viel getrunken haben. Sie haben dann das Gefühl, sie können zu uns herüber kommen, mein Haar anfassen und den Arm unangenehm um mich legen. Da hier nicht alle gut englisch sprechen (und wenn, sind sie zum Teil mit ihrem amharisch-dialekt doch schwer zu verstehen) verstehe ich ihre doofen Sprüche nicht immer. Diese Situationen sind nervig und enden oft in Misstimmung, weil eine verbale Reaktion meinerseits wegen Sprachbarriere auf die schnelle nichts nützt. Und da ich aber trotz meines Anstandes allem fremden hier gegenüber DIESBEZÜGLICH eine sehr niedrige Toleranzgrenze, habe muss ich mich halt nonverbal zur Wehr setzen..
Aber Steffi und ich haben stets unsere einheimischen Freunde bei uns, die gut auf uns achtgeben und solches Verhalten auch auf keinen Fall dulden! Meistens werden solche Typen von unseren Freunden so schnell weggeschickt, wie sie aufgetaucht sind... Und es lässt von unseren Leuten niemand zu, dass Steffi oder ich alleine zur Toilette laufen und wir werden auch stets bis vor die Haustür nach Hause eskortiert..
So, nun gehe ich nach einem mal angenehm ruhigen Wochenende ins Bett, damit ich morgen fit für die neue Woche bin...
Liebe Grüsse an alle in die Schweiz!!!
Patricia
Übrigens hier ein paar Schilderungen für alle, die sich im Op auskennen:
- hier wird noch Halothan als Narkosegas verwendet
- es gibt kein automatisches Beatmungsgerät, es wird von Hand gebeutelt, egal wie lange die Operation dauert.
- bei Stromausfall wird brav weiter gebeutelt, Monitoring gibts dann aber nicht mehr, da kein Notstrom zu verfügung steht.. Wird ja wohl nichts passieren in den 20Minuten. (Und Steffi kriegt von mir die Stirnlampe aufgesetzt, zum weiter operieren.. :-) )
- nebst Eidechsen und Libellen in der Steri und riesiegen Heuschrecken in den Gängen ist doch am Freitag tatsächlich eine Katze durch den Op gelaufen....
- Bauchtücher und Kompressen: stehen sterilisiert in Kontainern auf einem Tisch. Daneben eine Sterile Kornzange in einem streilen Becher. Mit dieser Zange werden die Gazen bei Bedarf von der Zudienung aus den Kontainern genommen und angereicht. Wochenlang, bis der Kontainer leer ist und der nächste kommt...
- Gewaschen wird nur, was auf der Geiss lag. Die Siebe werden sauber gehalten und dirket wieder sterilisiert... (Sauberhalten funktioniert bei vielen aber nicht und ich fass in der Steri keine Instrumente ohne Handschuhe an! Weil ich glaube, kontaminiert sind sie alle!)
- die Angehörigen des Patienten besorgen in der Apotheke Infusionsflüssigkeiten. Meistens zwei Beutel, einen für den i.v. Zugang und einen zum intraop. Spülen. Während dem Eingriff warten sie vor der Tür. Wenn mehr Flüssigkeit gebraucht wird, teile ich ihnen das mit und sie rennen wieder zur Apotheke und zurück...
-Bauchtücher werden gewaschen. Genau wie Einwegmundschutz, Einweghaube, Einwekleider,... es wird ALLES wieder verwendet! Ich muss am Tagesende meinen Mundschutz (ja, einer für einen Tag!) kaputt machen. Sonst wird er aus dem Abfall gefischt, und wiederverwendet...
-Wir haben noch fünf Dermatomklingen, von dann an müssen sie wiederverwendet werden... Ich hoffe, diese fransigen SkinGrafts die daraus resultieren werden, nicht mehr sehen zu müssen!
- vom Op in die Steri und zurück lauft man mit den OP-Schuhen durch den Innenhof... Raus, rein, raus, rein...
- die zwei Fenster im Op, welche einander gegenüberliegen, sind meist offen, damit es schön durch den Saal windet. Don't worry, es sind ja Fliegengitter angebracht......
-Hab noch nicht rausgekriegt, wo die ganzen Amputate hinkommen... Auf dem Spitalgelände wimmelts allerdings von Geiern............
- comments