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Ein neues Jahr und ich glaube es wird mal wieder Zeit über mein Erlebnisse in Australien zu berichten bevor meine Familie noch eine Vermisstenanzeige aufgibt. Mein letzter Post ist jetzt ungefähr einen Monat alt und dazwischen lag eine echt spannende Zeit. Mein erstes Weihnachtsfest ohne meine Familie und das erste Silvester ohne Feuerwerk. Aber der Reihe nach. An der Arbeit auf der Farm hat sich nicht viel verändert. Was nicht heißen soll, dass es eintönig wird sondern vielmehr, dass es weiterhin ziemlich abwechslungsreich ist und meine Tage ziemlich schnell vergehen. Davon bin ich echt begeistert. Hatte ich anfangs noch die Befürchtung, dass die 3 Monate mir wie eine halbe Ewigkeit vorkommen werden, sind beim Blick auf den Kalender plötzlich nur noch 4 Wochen übrig. Ich hab jetzt 2 Monate nahezu durchgearbeitet und hatte ganze 3 Tage frei. Was sich auf den ersten Blick ziemlich anstrengend anhört, fühlt sich für mich überhaupt nicht so an. Ich hab eine für mich ziemlich effektive Routine entwickelt, die mir hilft hier auch ohne freie Tage gut abzuschalten und mich zu erholen. Für viele mag es zwar keine Erholung sein jeden Tag nach der Arbeit noch 2 Stunden zu trainieren, aber für mich ist es das. Mittlerweile mache ich fast täglich auch noch 20 bis 30 Minuten Yoga nach dem Training, was sich für eine gute Regeneration echt bewährt hat. Wie wahrscheinlich so viele Männer hab ich das immer für einen Frauensport gehalten, aber das ist es schon längst nicht mehr und meine Meinung dazu hat sich völlig geändert. Da ich im Moment wieder ziemlich viel Crossfit mache, ist es auch notwendig das ich täglich an meiner Beweglichkeit arbeite. Dafür ist Yoga perfekt und zusammen mit der meditativen Komponente ist für mich der ideale Weg, um nach dem Training wieder runter zu kommen.
Mein veganes Experiment läuft auch immer noch super, wobei es mittlerweile vermutlich kein Experiment mehr ist sondern vielmehr mein neuer Ernährungsstil. Ich hab und werde es vermutlich auch nicht immer zu 100% einhalten, aber solange ich am Ende der Woche sagen kann, dass ich an mindestens 5 Tagen komplett vegan gelebt habe, bin ich zufrieden. Solange ich selbst koche, ist es natürlich überhaupt kein Problem mich vegan zu ernähren, aber gerade an Weihnachten war ich mehrmals zum Essen eingeladen und da wollte ich die Leute nicht auch noch damit stressen, dass ich eigentlich vegan lebe. In einer Region, die nahezu ausschließlich von Landwirtschaft und Tierhaltung lebt, bin ich als Vegetarier schon ein Besonderheit. Aber damit kann ich leben.
Ich hatte immer die Befürchtung, dass die ganze Advents- und Weihnachtszeit die erste wirkliche Herausforderung für mich in Bezug auf Heimweh wird, da ich Weihnachten noch nie ohne meine Familie verbracht habe. Aber rückblickend muss ich sagen, dass alles irgendwie so schnell vorbei war, dass ich gar keine Zeit für Heimweh hatte. Und zusätzlich hat mein Chef und seine Familie alles versucht, um die Zeit für mich so schön wie möglich zu machen.
Abgesehen natürlich vom Wetter gibt es auch so einige große Unterschiede zwischen Weihnachten in Deutschland und Australien. Etwa eine Woche vor Heiligabend hat mich mein Chef mit zum Weihnachtslieder singen in seine Kirche genommen. Die Kirchen sind hier allerdings keine prunkvollen Gebäude wie man es von Deutschland gewohnt ist sondern zumeist einfache Mehrzweckhallen, in die paar Bänke und ein Altar eingebaut wurden. Die Liedtexte werden nicht in kleinen Broschüren oder Büchern ausgeteilt sondern mit Beamern an die Wand geworfen und die Kleidung der Australier unterscheidet sich nicht wirklich von dem was sie im Alltag tragen. Ohne mich vorher erkundigt zu haben, nahm ich an, dass wenigstens in der Kirche eine etwas seriöse Kleidung angebracht ist, aber selbst mit Jeans, T-Shirt und Sneakern war ich völlig overdressed :) Die Einheimischen kamen alle in kurzen Hosen, Flip Flops und teilweise Rugbyshirts. Was für mich schon ein kleiner Kulturschock war. Aber das ist halt Australien und letztendlich hat der Glaube und das was man in der Kirche macht ja nichts mit der Kleidung zu tun. Ehrlich gesagt, hätte ich bei den Temperaturen auch lieber etwas luftigeres angehabt. Ansonsten war das Weihnachtssingen ein cooles Erlebnis. Die Stimmung erinnert eher an ein Gospelkonzert und jeder singt auch wirklich laut mit, was es irgendwie viel familiärer macht als nur einen Pfarrer zu hören und vielleicht noch ein paar Leute, die irgendwas vor sich her brummen. Ich will nicht behaupten, dass alle Deutschen verklemmt sind, aber die meisten Australier, die ich bisher kennengelernt habe, machen sich einfach deutlich weniger Gedanken darüber was andere von ihnen denken und das gefällt mir.
Das eigentliche Weihnachtsfest find in Australien am 25. Dezember statt. Von daher ist Heiligabend hier nichts besonderes, wobei mein Chef immerhin seit ein paar Jahren die Tradition eingeführt hat, dass er an dem Abend paar Freunde und Verwandte zu sich einlädt und es ein paar Snacks und Drinks gibt. Kurz vor Weihnachten hab ich es dann auch geschafft mir einen neuen Handanbieter zu organisieren und konnte somit am 24. immerhin mit meiner Familie telefonieren was für mich ziemlich wichtig war, um zu vermeiden doch Heimweh zu bekommen. Natürlich ist es nicht das selbe wie zusammen am Weihnachtsbaum zu sitzen, aber es war die beste Möglichkeit um dieses Jahr als Familie mal für eine Stunde zusammen zu sein.
Am eigentlichen Weihnachtstag musste ich vormittags natürlich erstmal arbeiten. Schweine feiern nunmal kein Weihnachten und wenn dann bräuchten sie trotzdem etwas zu essen dafür. Mein Chef und seine Söhne haben mich aber an dem Tag unterstützt und so war das Ganze in weniger als einer Stunde erledigt. Beim gemeinsamen Frühstück gab es dann sogar Geschenke für mich, womit ich überhaupt nicht gerechnet hätte, weil mein Chef mir so immer ständig irgendwelche Kleinigkeiten schenkt und mich nie bezahlen lässt, wenn wir irgendwo Essen gehen oder sonst was. Aber mein Chef meinte, ich gehör dieses Jahr zur Familie und deshalb bekomm ich auch Geschenke. Das war definitiv eine der bisher schönsten Erfahrungen auf meiner Reise. Nicht die Tatsache, dass ich Geschenke bekommen habe sondern das ich nach paar Wochen Arbeit hier wie ein Familienmitglied behandelt werde. Das bedeutet mir schon echt viel. Ich hab ein Trikot von Brisbane Roar bekommen. Die spielen Fussball in der ersten australischen Liga und vielleicht schau ich mir im Februar sogar mal ein Spiel an. Zusätzlich gab es noch paar Snacks und ein Sixpack Bier. Ich selbst hatte natürlich kein Geschenk für irgendjemanden, aber ich hab dafür an den ganzen Feiertagen die komplette Farm allein geschmissen damit mein Chef die Zeit mit seiner Familie genießen kann.
Zum Mittagessen waren wir dann bei der Schwester meines Chefs eingeladen, wo es nochmal Geschenke und ein riesiges Mittagsbuffet gab. Am zweiten Weihnachtsfeiertag waren wir dann noch alle zusammen im Kino und haben uns den neuen Star Wars-Film angeschaut. Somit war mein erstes Weihnachten in Australien weder einsam noch hatte ich zu viel Heimweh. Vielmehr hat mich wieder einmal die Offenheit der Australier begeistert und das Weihnachtsfest zu einer ganz besonderen Erfahrung gemacht.
Mein Übergang ins neue Jahr war dieses Mal nichts besonderes. Mein Chef und seine Familie sind am Morgen des 31. zu Freunden aufgebrochen, um da zu feiern und in dem Fall gab es auch keine Möglichkeit mich dahin mitzunehmen, da ja irgendjemand am Abend und am Neujahrsmorgen die Tiere füttern musste. Ich war also völlig allein auf der Farm und hab mir mit ein paar Drinks einen gemütlichen Filmabend gemacht. Sicherlich keine weltbewegende Silvesterfeier, zumal ich auch nicht bis Mitternacht wachgeblieben bin, aber ich kann damit leben. Ursprünglich wollte ich ja mal in Sydney feiern und ich hatte auch schon mal eine Unterkunft gebucht, aber das wäre jetzt einfach zu stressig geworden. Nur wegen ein oder zwei Tagen nach Sydney zu fliegen und dann wieder zurück auf die Farm zu kommen, lohnt sich einfach nicht. Ich werd vor meinem Rückflug nach Deutschland noch 5 Tage in Sydney haben, um mir die Stadt anzuschauen und letztendlich arbeite ich ja hier auf der Farm, um nochmal für 1 Jahr nach Australien kommen zu dürfen und da werde ich mir an Silvester dann definitiv das Feuerwerk an der Harbour Bridge anschauen.
Mein neues Jahr hat gleich mit einer ganz besonderen Begegnung begonnen. Als ich am Neujahrsmorgen aus der Dusche kam, hatte ich plötzlich einen Gast in meinem Badezimmer. Genauer gesagt eine Blake Snake, die zweitgiftigste Schlange in Australien. Aber keine Sorge, ich musste nicht um mein Leben fürchten. Eigentlich hatte sie viel mehr Angst vor mir und nachdem ich mir mein Handy geschnappt hatte, um das Ganze zu filmen, hat sie auch ohne Probleme mein Haus wieder verlassen. Keine Ahnung, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen für das neue Jahr war, aber da ich Schlangen mag und sie nicht versucht hat mich zu beißen, werte ich es einfach als ein gutes Zeichen. Auf der Farm hatten wir in den Wochen vor Weihnachten auch regelmäßig eine Schlange in einem der Ställe zu Gast. Allerdings war das eine Python. Die war zwar deutlich größer mit knapp 3 Metern, aber eben nicht giftig und so entspannt das ich sie jeden Morgen zur Begrüßung gestreichelt habe, wenn sie auf einem Balken lag und geschlafen hat.
Mr. Jingles, meine Maus, lebt auch immer noch, allerdings musste ich meine Lebensmittel in einen anderen Schrank verlagern, nachdem er eines Morgens aus meiner Couscous-Packung gesprungen kam. Aber jetzt haben wir uns darauf geeinigt, dass er den alten Schrank bekommt und da er ja nicht mehr an meine Lebensmittel herankommt, gebe ich ihm ab und zu mal eine Reiswaffel :) Für viele klingt das wahrscheinlich unvorstellbar mit Schlangen, Mäusen und manchmal auch Fröschen zusammen zu leben, aber ich hab mich echt daran gewöhnt. Eigentlich finde ich es ziemlich faszinierend und gerade auch bei den ganzen Insekten entdecke ich nahezu täglich neue Arten, die ich noch nie zuvor gesehen hab. Hat also ein bisschen was von einer Entdeckertour durch die Tierwelt.
Jetzt hab ich noch knapp 4 Wochen Arbeit vor mir bevor ich die Farm in der zweiten Februarwoche dann in Richtung Brisbane verlassen kann. Ich hoffe einfach, dass die Zeit bis dahin genauso gut vergeht wie bisher, denn meine Vorfreude auf das was nach der Farm kommt, steigt eigentlich täglich. Abgesehen von ein paar spannenden Projekten in Bezug auf meine berufliche Zukunft kann ich mir dann endlich meinen Traum erfüllen am Great Barrier Reef zu tauchen sobald ich nach einer Woche Brisbane in den Norden nach Cairns fliege. Da heißt es dann nochmal knapp 4 Wochen Strand, Meer und Regenwald und ich kann alles nachholen worauf ich jetzt auf der Farm verzichten muss.
Das soll es für heute gewesen sein. Ich wünsch euch allen einen tollen Start ins neue Jahr und bis zum nächsten Mal.
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