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Thailand, die Zivilisation hat mich wieder.
Indien, Fazit. Zitat "Indien ist ein Spiegel, der sehr tief sieht"
Wiedereinmal schwer einen Anfang zu finden. Ich sitze in einem WiFi Cafe in der Rambuttri Road in Bangkok, von Flut nichts zu spüren. Man wird sehen, ob sich das über das Wochenende noch ändert, nachdem für diese Tage nocheinmal eine Flutwelle erwartet wird.
Ich fühle mich wie im Paradies. Wenn mir Bangkoks Straßen nun schon organisiert, und deren Luft sauber und frisch vorkommt, muss Indien wirklich ein Drecksloch sein. Das hier ist die Schweiz! Erster Gang in den Supermarkt. Weltwunder Nr. 1: Es gibt einen! Weltwunder Nr. 2: Milch! Eis! Weltwunder Nr. 3: Beides kann man ESSEN!
Nachdem ich die 5 Stunden Flug wiedermal genüsslich verpennt habe (nichtmal den Start des Flugzeugs hab ich mitbekommen), gings heute früh morgen mal ausnahmsweise nicht ins nächste Khao San Loch ohne Fenster und mit Gemeinschaftsbad, sondern in ein kleines Paradies mit frischen, weißen Laken, zwei schneeweißen, in Blumenform gefalteten Handtüchern auf dem Bett, einer Shampooauswahl und einer heißen Dusche. Mit einem Seufzer der Erleichterung, der von manchen eventuell auch als Freudenschrei interpretiert werden könnte, riss ich mir alles vom Körper und habe das Bad unter Wasser(dampf) gesetzt. Haarkur. Danach ein Film und nochmal ein bisschen Schlaf nachholen. Der folgende Gang zum Laundry Service und zum Supermarkt war beinahe so entspannend wie eine 2 stündige Ölmassage. Man GEHT einfach. Mehr möchte man ja auch gar nicht. Keine zwanzig Mofas, die einem hupend in die Fr***e fahren, keine Rikschas die sich fünf Zentimeter neben den Füßen an einem vorbeiquetschen, kein Geschrei, keine Bauarbeiten um 3 Uhr nachts, keine pissenden Kühe, keine stinkenden Garküchen, keine 20 Menschen auf einem Quadratmeter.
Ich bin gespannt wie lange ich mein Schutzmäntelchen, dass in Indien einfach notwendig ist, sobald man das Hotelzimmer verlässt, unterbewusst noch anbehalte. Schon allein, in Trägerhemd, Shorts und mit offenen Haaren auf die Straße zu gehen, war mehr als ungewohnt. Meinen Indien Lonely Planet habe ich mit Freunden soeben auf der Khao San in Bares umgewandelt.
Genau zwölf Stunden nachdem ich mich von meinen Mitreisenden verabschiedet habe, und schon bin in einer so anderen Welt. Wie würde mir nur Deutschland nach diesem Indien vorkommen?
Ich gehe auf die Straße, werde ich gleich überfahren? Wenn ja von welchem Gefährt und von wie vielen? Was darf ich überhaupt noch essen? Sind meine Schultern bedeckt? Mir kommen zehn Leuten entgegen, wenn ich ausweiche, überrollt mich aber die Fahrradrikscha, das Auto da vorne möchte aber sowieso als allererstes durch, von der Kühe rechts gegenüber ganz zu schweigen. Standard. Begleitet wird diese Szene von Hupen in allen Tonlagen und Melodien. Eigentlich kann ich mich aber auch grade gar nicht auf die Situation und deren Lösung konzentrieren, weil ich viel zu beschäftigt bin, mir mein Tuch in möglichst vielen Lagen in mein Gesicht zu drücken, um meinen Magen nach den zweiwöchigen Strapazen nicht auch noch zum Erbrechen zu bringen.
Dennoch, Indien hat mein Verständnis von Gastfreundschaft vollkommen neu geprägt. So ein selbstverständliches Geben kennen wir in Deutschland nicht. Besonders in den letzten drei Tagen vor meiner Abreise, wurde mir dies nocheinmal in allen Facetten verdeutlicht.
Insgesamt kann ich sagen, dass meine letzten Tage, obwohl keinen außergwöhlnlichen Aktivitäten, sehr erfüllend waren. Stundenlange Geselligkeit ein Becher Chai nach dem anderen in Ashus Barbershop, gemeinsames Bummeln mit Merle über den Main Bazaar, Kuchen essen, nicht selten gemeinsames Dampf ablassen über "diese INDER!", Umarmungen, Gespräche, Meditieren im Tempel, herzliches Lachen.
Ich möchte meine Zeit in Indien für nichts missen, auch wenn es mir für einen großen Teil der Reise sehr schlecht ging. Aber ich wage zu behaupten, mehr über mich gelernt zu haben, als in den letzten fünf Jahren zusammen. Tief gesehen hat er, der Spiegel, und ich bin froh, dass ich einen Blick hineinwerfen konnte. Dafür reise ich schließlich.
Mein Ballettprojekt startet in einer knappen Woche und allein die Tatsache, dass es in unberührter Natur nahe eines Nationlaparks liegt, freut mich wahnsinnig. Grünes hat mir gefehlt, sehr.
Ein paar Fotos hab ich noch, teilweise aus Udaipur, teilweise vom letzten Abend in Dehli. Liebe Grüße an meine Mitreisenden und an Merle eine wunderbare Zeit in McLeod. :)
Al
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