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Indien: ein Tag.
man erwacht morgens entweder wahlweise von dem einfallendem Licht im Zimmer, dem Rattern des Ventilators, von den Kuhglocken die am Fenster vorbeibimmeln, vom "Chaaiii"-Verkäufer oder von allem zusammen. Duschen, Frühstück auf der Dachterasse. Nach frühestens einer Stunde, und wildem Rätselraten WAS denn bloß in der Küche vorgeht, stehen Toast und Tee dann auch tatsächlich vor einem.
Man macht sich auf in die Stadt, ein bisschen bummeln, das eine oder andere Souvenir kaufen. Ein Meter vor den Füßen ergießt sich auf einmal eine Fontäne aus der Hauswand. Huch? Ah, das war wohl die Klospülung vom Nachbarn. Blöderweise reißt bei meiner Wasserflasche die Halterung und sie fällt in die Abwasserrinne am Straßenrand. Das Wasser in der Flasche ist zwar noch sauber, den Luxus diese Flasche aber nicht mehr anfassen zu müssen, gönn ich mir. Vorbei an den Ständen des Bazaars mit dem üblichen "Yes Madam, would you like something? Money Change, best rate! Want T-shirt? 50 Rupee! ..OK for you 30" gehts zur Travel Agency, um das Ticket für den Zug später zu buchen. MIt einem entnervtem "Yes?" guckt einen der Herr hinter dem Schreibtisch an. Was bilden wir uns auch ein, ihm unser Geld für ein Zugticket überlassen zu wollen. Für diesen Aufwand werden natürlich mindest 100 Rupien Comission draufgeschlagen. Nach 20 Minuten in denen außer angestrengtem in die Tasten Hauen seinerseits, fragendem Hüsteln unsererseits und dem tickendem Zeiger der zwei Stunden nachgehenden Uhr rein gar nichts zu vernehmen ist, fragen wir vorsichtig, was denn passiere. "Ticket." lautet die Antwort. Ach was. Ticket. Ist das nun ein gutes Zeichen? Nachdem ein paar weitere Minuten verstreichen, wird sich dazu herabgelassen, uns Auskunft zu geben. "No power now. Ticket later." Bezahlt hatten wir natürlich schon. Mit Kuli wird auf ein vergilbtes Zettelchen jedoch eine Quittung gekrakelt.
Auf dem Rückweg quetschen wir uns an einer Kuh vorbei, uns sind froh, geradenoch rechtzeitig auf die Seite springen zu können, als sie sich in Hohem Bogen entleert. Als die Gerüche meinen strapazierten Magen wieder mal überforden, press ich mir Tigerbalsam unter die Nase und fühl mich wie ein Kleber schnüffelnder Drogenabhängiger. Genauso schau ich mit meinem Gewichtsverlust und den doch langsam auffalldenden Augenringen wohl auch aus. Die mittlerweile rhetorische, dennoch jedes mal besorgter klingende Frage unseres Gueshousebesitzers "Are you okay?" beantworten Merle und ich bei Ankunft im Hotel auf ein neues mit einem müden Lächeln. "....Sure?" Yeah, kinda.
Tickets werden später abgeholt, und auf gehts zum Bahnhof. Bisher sind wir immer Nachtzug gefahren, mit Schlafwagen, den sich wohl schon grundsätzlich weniger Leute leisten können, und der daher leerer und angenehmer ist. Diesmal, Sitzplatz. Der Zug fährt am Bahnhof ein. Massenpanik. Wer nicht innerhalb von 30 Sekunden auf diesen Zug aufgesprungen ist, landet wohl in den Tiefen der Hölle. Wir kämpfen uns durch die Tür, und wissen nicht, wie wir uns angsichts der Menschenmassen, die sich durch die Klaustrophobie erzeugenden Gänge im Zug quetschen, jemals in unserem Leben zu Sitz Nr. 90 kommen sollen. Ein Bahnangestellter erbarmt sich und nutzt seinen Knüppel um den Euroäern Platz zu machen. Von unseren reservierten Plätzen lächeln uns bereits drei Inder an und stehen auch erst auf, nachdem wir ihnen das dritte Mal versuchen klar zu machen, dass dies unsere Plätze sind. Auf gefühlten 30 Quadratcmtern, verstauen wir sowohl unsere Rucksäcke als auch uns selbst und schenken uns gerade noch ein leicht verzweifelt, aufmunterndes Lächeln. "Die 6 STd vergehen sicher schnell. Und so schnell bekommt man auch wieder keine Thrombose."
Am Abend fallen wir in unsere Betten und haben auch fast gar nicht erwartet, dass die Klospülung funktioniert. Den Sonnenuntergang betrachten wir ncoh auf der Dachterasse, mit dem richtigen Soundtrack dazu in den Ohren. Während die neonrote Scheibe hinter den Türmen der Tempel verschwindet, gesellt sich ein Affe ein paar Meter entfernt auf einem Hausdach neben mich und beißt relaxt von einer Banane ab. Eine Inderin sitzt ein, zwei Stockwerke tiefer nähend auf ihrem Hausdach und winkt mir zu. Versöhnung? Ein Haus weiter rotzt ein Mann rote Kautabakspucke auf die Straße. Oh, well.
Der Blick von der Dachterasse auf Udaipur entschädigt jedoch für so einiges. Mein Chai kommt. Nach einer Stunde ;)
Bis bald :)
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