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Hallo ihr Lieben,
zurueck in der Zivilisation aus dem "Goldenen Land" mit duerrer, ausgestorben scheinender Weite und einer menschenverachtenden Regierung wuenschen wir euch ein frohes Weihnachtsfest gehabt zu haben und ein ordentliches Silvester feiern zu werden.
Ja, wir wissen ... alle sind gespannt auf die packenden und das Land naeher bringenden Schilderungen ueber Myanmar, aber ein Land wie Myanmar ist nicht so einfach in Worten naeherzubringen (in Fotos leider auch nicht ...). Wir waeren jedoch nicht PhiLe, wenn wir nicht alles menschenmoegliche versuchen wuerden, diese scheinbar unmoegliche Aufgabe zu bewaeltigen.
...
Bei einem solchen Land muessen neue Wege gegangen werden, deswegen schliess deine Augen und lasse dich einfach von uns auf eine kleine, mehr oder weniger typische Myanmarreise mitnehmen. (Hut ab vor dem, der lesend seine Augen schliessen kann, aber spaetestens seit Myanmar wissen wir, nichts ist unmoeglich!)
Also, du hast dich entschlossen vom Inle Lake (idyllisch, abgelegen, wunderschoen, aber auch ein wenig touristisch) nach Myanmar (zweitgroesste "Stadt" - oder auch einfach Haeuseransammlung - Myanmars) ein Taxi zu nehmen, da der einzige Touristenbus nachts durch die besten Landschaften faehrt und ausserdem sowieso schon ausgebucht ist (Nein, Touristen in einen der anderen 10 Busse zu lassen, dass geht nun wirklich nicht, wo denkst du hin? Wir reden hier ueber eine Regierung, die nicht nur ihr eigenes Volk - ganz vorne die Minderheiten - unterdrueckt, sondern sogar die alles zahlenden Touris staendig versucht zu diskriminieren. Respeeect fuer die Dreistigkeit!). Voller Vorfreude welche atemberaubenden Ausblicke und welche fremdartigen Landschaften dich erwarten werden, sitzt du in einem typischen Myanmar-Klapper-Taxi (mit dem Lenkrad auf der Rechten Seite trotz Rechtsverkehr) mit dem Fahrer und drei weiteren Passagieren. Es ist eng. Es ist warm. Aber hey, immerhin dauert die Fahrt nur 6 anstatt 12 Stunden, die der Bus brauchen wuerde, das macht dich gluecklich. Raus geht es aus dem kleinen von Touristen leider schon zuviel eroberten und belagerten Doerfchen am wuenderschoenen und sehr malerischen Inle Lake, vorbei an den "We serve Western Food" - Schildern in Richtung Berg.
Es ruckelt heftig, denn wo keine Touristen sind, muss keine "Zone Fee" von 3-10 USD bezahlt werden und das bedeutet: kein Geld, keine Strassen. Schnell merkst du, dass der Satz: "travelling in Myanmar is hard, there are almost no roads" im Lonely Planet kein Scherz war, denn wenn es Teer auf dem Boden (das Wort Strasse ist an dieser Stelle wirklich nicht angebracht) gibt, muss der arme Taxifahrer soviele meterweite und metertiefe Schlagloecher umfahren, dass das Taxi die meiste Zeit doch im Feld fahren muss. Interessant sind auf der Strecke auch die riesigen abgesperrten Gebiete und die diversen Polizei-Kontrollen auf dem Weg: Ees scheint der Regierung, oder sagen wir besser dem Regime wohl daran gelegen zu sein, nicht die falschen Leute an die falschen Stellen gelangen zu lassen. Als Tourist wird man eher durch Myanmar gefuehrt als das man es wirklich frei bereisen koennte. Von wegen fuer den Tourismus geoeffnet! Vielleicht einen gut abgesperrten Tourismus-Pfad eroeffnet, mehr aber auch nicht!
Die Berglandschaft, inmitten derer ihr euch nun euren Weg Richtung Mandalay bahnt, stellt zwar eine Tortur fuer das Taxi und seine Reifen dar, lenkt dich aber durch seine Groesse, Weite und Schoenheit von der Ruckelei ab. Wohin du schaust riesige Bergketten, hinter denen sich in immer schwaecheren Schattierungen weitere, noch groessere Berge abzeichnen. Und alles scheint so tot, so ausgestorben, nur zwischendurch zeigen sich goldene Pagoden oder Tenmpel, die aus keinem Bild Myanmars wegzudenken sind. Du bist davon ueberzeugt, weit ab von jeglichem Leben zu sein, denn wie soll man in dieser unwirklichen und knochentrockenen Duerrlandschaft leben koennen? Genau in diesem Moment zeigt sich hinter einem Huegel eine Ansammlung von Bambushuetten, die vor quirligen Kindern und geschaeftigem Markttreiben nur so uebersprudelt.
Nach einiger Zeit ist der Berg bezwungen und die nicht wesentlich angenehmere Talfahrt beginnt. Du nimmst dein "Baby" (deine neue, in Singapur erstandene Lumix von Panasonic) zur Hand, um diesen Blick von oben ueber die Berge, die ausgetrockneten Felder und den sich ins Flusstal schlaengelnden Weg festzuhalten. Du kommst aus dem Staunen nicht mehr heraus, doch leider enttaeuscht dich dein "Baby", diese Aussicht ist zuviel, selbst fuer die beste Kamera. Kapitulation. Wenn nun also die visuellen Hilfsmittel versagen, wie waere es das Panorama mit Worten zu fassen? Du ueberlegst krampfhaft, bemhueht diesen Eindruck nie wieder zu vergessen, auf irgendeine Weise zu verewigen. "Weitlaeufig", "erhaben", "grossartig"..."trocken", "duerr" , "staubig" ... nein, so laesst sich diese Landschaft nicht packen. Auch du musst kapitulieren mit deinem Wortschatz.
Im Tal des Irrawaddy-Flusses zeigt sich wieder ein anderes Bild ... es bleibt dabei: Unendlich weit, scheinbar tot und trocken, aber dennoch sooo anders. Dieser riesige Flusslauf, der zur Regenzeit unvorstellbare Wassermassen fuehren muss, dient jetzt mit seinen letzten Wasserreserven als Traenke fuer die Ochsen vor den Ochsenkarren (denen dein Taxi oft genug ausweichen musste) und als Treffpunkt der Waschweiber. Hier ist die Zeit wie stehengeblieben. Es scheint so idyllisch und wie aus einer anderen Welt. Trotz ihrer Armut rennen die Kinder froehlich durch die Felder und winken dir mit einem strahlenden Myanmar-Laecheln zu. Denn niemand kann so herzlich und so ueberzeugend froehlich laechlen, wie burmesische Frauen oder Kinder. Je aermer die Menschen werden, desto freundlicher sind sie. Dieser Satz trifft einfach nur haargenau auf die Burmesen zu ...
Je naeher ihr Mandalay kommt, desto besser werden die Strassen, das Ruckeln laesst nach. Gerade gruebelst du ueber einer passenden Formulierung ueber die Urspruenglichkeit Myanmars, als das neue Samsung-Handy deines burmesischen, und in seinem Sarong so unscheinbar wirkenden Mitfahrers klingelt und dich aus deinen romantischen und anscheinend ueberholten Vorstellungen reisst. Du entdeckst immer mehr westliche Werbetafeln am Strassenrand und siehst ein, dass sich der technische Fortschritt und die Globalisation ueberall einschleichen ... sogar im heruntergewirtschafteten (Wir sind uns dem paradoxen Ausdruck bewusst; denn ein Land, was nie eine bluehende Wirtschaft hatte, kann diese auch nicht herunterwirtschaften. Andererseits scheint selbst auf dieses kleine Haeufchen Wirtschaft die ganze Zeit jemand draufzutreten ... bestimmt ein boeser Tourist.) Myanmar. Traurig senkst du den Kopf und ueberlegst, ob ein Bild, wie das der wirklich urspruenglichen Waschweiber in ihrer friedlichen Idylle, auch hier bald der Vergangenheit angehoeren wird, als euch auf diesem selbst fuer deutsche Verhaeltnisse gut ausgebauten, den Fortschritt bedeutenden Highway ein Ochsenkarren entgegenkommt und hinter ihm, in der Ferne, die Spitze einer goldenen Pagode aufblitzt.
Alle austeigen, aufwachen. Burmesische Taxifahrt beendet.
Nur ein paar Fakten:
1. Offizieller Stand des Kyat laut der Regierung Myanmars (burmeische Waehrung): 7,65 Kyat = 1 USD Jedoch belaeuft sich der wirkliche Wert nur auf etwa 1240 Kyat = 1 USD Da spielt jemand Groessenwahnsinn!
2. Dreckige oder zerissene Dollarscheine sind nichts wert, werden deswegen auch partout von niemandem in Myanmar angenommen, selbst wenn dies bedeutet ,dass PhiLe dann garnicht bezahlen. Hinterher haben wir diese komische und wahrscheinlich in der Welt ziemlich einzigartige Eigenschaft der Burmesen, dreckiges (nicht im uebertragenen Sinne!) Geld nicht zu nehmen, sehr schaetzen gelernt.
3. Selbst die Regierung hat eingesehen, dass es nichts bringt eine E-Mail-Sperre fuer Touristen zu verhaengen, wenn man nicht will, dass andere erfahren, wie es hier zugeht. Jaaa richtig, wir koennen uns naemlich auch zurueck in der Heimat noch erinnern. Fein erkannt.
4. Myanmar ist ein Land fuer reiche, alte Pauschaltouristen, die hier (vornehmlich aus Deutschland) Busseweise durch das Land gekarrt werden um, an zwei Aussichtspunkten rausgeschmissen zu werden, damit sie sich mit Souvenirs eindecken koennen, um zu Hause erzaehlen zu koennn, was fuer ein fremdartiges Land sie doch in ihrer Abenteuerlust entdeckt haben. Das Geld fuer so eine Pauschaltour geht direkt an den uns so sympathischen Staat. Jaaa, clevere Kerlchen diese Deutschen. (Den herabwuerdigen Ton interpretiert ihr in diesen Satz, der ist voellig neutral ...)
5. Die Verkehrsfuehrung wurde in Myanmar von links nach rechts verlegt, nachdem die Regierung folgenden Tip erhalten hatte: "Move your country to the right." Jetzt fahren alle rechts, aber mit rechten Dingen geht das nicht zu, denn das Lenkrad der Autos ist nach wie vor ebenfalls auf der rechten Seite, was das Kurvenfahren nicht gerade erleichtert. Und das war nur ein kleines Beispiel des wirklich bescheuerten Verhaltens der wirklich bescheuerten Regierung.
6. Die Region "Bagan" (siehe Bilder) beheimatet auf einer Flaeche von ca. 100 Quadratkilometer (uns fehlen nicht nur die Umlaute, sogar die Potenzzeichen haben sie uns von der Tastatur geklaut!) ungefaehr 2400 Tempel, die meisten an die 1000 bis 1500 Jahre alt. Vor dem grossen Erdbeben mit 6.5 auf der Richterskala in 1975 waren es knapp doppelt so viele. Zur Erhaltung der Tempel und der reichen Schaetze im Inneren getan: Gar nichts. Aber hey, schliesslich muss das Geld der Regierung ja auch in die Unterdrueckung der Volksleute wandern ... und die zweitgroesste Armee Asiens will nicht immer die zweitgroesste bleiben ...
Weihnachten:
Wir wissen wie interessiert ihr an unserer Weihnachtsgeschichte seid, also wollen wir sie euch nicht vorenthalten, auch wenn sie nicht sehr weihnachtlich ist:
Den 24.12. verbrachten wir von 05:30 a.m. bis 08:00 p.m. auf einem Boot, dass uns von Mandalay ins heilige Land ... ach 'neee falsche Geschichte ... nach Bagan gefuehrt hat. Natuerlich geleitet von einem besonders hellen Stern am Himmel, dem wir wie magisch angezogen folgten. Weihnachtliche Temperaturen wurden mit selbstgebranntem slovenischen Schnapps (Gruss an Egbert und Peter an dieser Stelle ... euer Sohn lernt dazu!) bekaempft. Ein Geschenk der drei Koenige (getarnt als slovenisches Paerchen um die 30 ... echt clever die Jungs!), doch im Gegensatz zu denen kamen wir puenktlich an, um mit den anderen Travellern, die wir auf dem Boot kennengelernt hatten, in einer Huette im Stroh zwischen den Kuehen und Eseln italienische Nudeln zu essen und Myanmar Beer zu trinken. Nachdem sich alle muede in ihr Hostel zurueckgezogen hatten, mussten wir nun ein Telefon auftreiben. Und das um 11:30 p.m., wo selbst Yangon als Hauptstadt um 09:00 p.m. schon ausgestorben ist. Bei Preisen von 5 USD pro Minute wird jedoch jeder Burmese wach. :) Unser fettes Weihnachtsessen hatten wir dann am 26.12. im besten Hotel Bagans oder wahrscheinlich Myanmars. Fuenf Gaenge, ganz unasiatisch. Spaeter haben wir gemerkt, dass der Koch am Nebentisch sass und auf Eefler Platt Rezepte mit Freunden ausgetauscht hat. Vielleicht war es aber auch das Christkind, so gut wie das Essen war.
Was sollen wir noch sagen? Myanmar war ein Highlight ansich, geschweige von den Highlights des Highlights ansich, wenn ihr uns noch folgen koennt. Die Leute waren sooo knuddelig, wuddelig nett ... und das trotz der miserablen, menschenverachtenden (Dieses Wort begreift man wirklich erst, wenn man dergleichen mit eigenen Augen gesehen hat ... jede andere Behauptung ist spiesserisches Gewaesch.) Zustaende in diesem Land. Ein Moench, der uns durch das Kloster gefuehrt hat, in dem er mit 1000 anderen Moenchen lebt, hat uns in einer Stillen ecke extremst durch die Blume zu verstehen gegeben, dass wir ja nicht in diesem Land mit irgendjemandem ueber Politik reden sollen. Davor hat auch schon der Lonley Planet gewarnt, schliesslich bringt man diese Personen in extremste Gefahr. Dennoch hat uns eine Kellnerin in einem Guehsthouse ihre - verhaeltnismaessig noch echt glimpflig verlaufene - Lebensgeschichte erzaehlt: Nachdem sie in jungem Alter geheiratet und zwei Kinder bekommen hatte, ist ihr Mann, der vorher bei der Regierung gearbeitet hat, verstorben. Sowohl alle Einkuenfte, wie auch das Haus wurden natuerlich von ebendieser bezahlt. Als der Mann starb, wurden alle rausgeworfen, die Frau hatte kein Geld, musste (besser durfte) die Kinder an eine katholische Kirche abgeben, 500 km weit weg von der Hauptstadt in eine andere Stadt ziehen, um Arbeit zu bekommen und sie ist Dank ihres Monatsgehaltes von 8000 Kyat (ungefaehr 5 EUR) nun seit fuenf Jahren nicht mehr bei ihren Kindern gewesen. Und diese kleine Geschichte ist noch garnichts im Gegensatz zu dem, was hinter den Kulissen in diesem Land ablaueft. Aber das erschreckenste daran ist, dass wir vorher ueber dieses Land eigentlich nichts (nada!) wussten und es mit nichten das einzige Land ist, in dem es aehnlich oder noch schlimmer ablaeuft.
Darum: Seid alle nett zu einander! ;-)
Liebste Gruesse aus dem wesentlich waermeren Thailand, in dem es bald nebst Silvesterkrachern auch noch Sekt- und Champagnerkorken regnen wird! Eure/Euer Lea/Phil
PS: Wir verstehen ja, dass es im fernen Deutschland nicht so von Neuigkeiten hagelt, aber ihr seid und bleibt schreibfaul!
PPS: Ausser die Lieben, die uns mailen!
PPPS: Sind aber nicht viele. Und jetzt wie immer: Bilder gucken! Neues Album "Myanmar" mit satten 56 - sechsundfuendfzig!!! - feinsten, neuen Bildern ... in etwa die Stundenanzahl, die wir zum Hochladen gebraucht haben ... der Rest bleibt beim Alten!
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