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Hallo miteinander
Frueh am Morgen wurden wir mit einem Minibus zur chilenisch-bolivianischen Grenze gebracht. Waehrend wir den chilenischen Ausreisestempel noch in San Pedro de Atacama auf 2440m bekamen war die Grenzkontrolle Boliviens 1h spaeter schon auf 3600m Hoehe bin einem kleinen, halbverfallenen Gebaeude mitten auf einer Passhoehe zwischen zwei Vulkanen. Dort lernten wir auch unsere Guides kennen, welche uns die naechsten 3 Tage quer durch die Salzwueste nach Uyuni bringen wuerden. Dabei hatten wir riesiges Glueck: Da unsere Reisegruppe aus 7 Personen bestand, die Jeeps aber maximal 6 aufnehmen koennen wurden wir auf 2 Jeeps aufgeteilt: Die komfortabelste aller Moeglichkeiten!
Nach einem Fruehstueck beim Grenzuebergang fuhren wir dann auch los und besuchten die Lagunas Blanca und Verde, welche ihre Farben (und entsprechen ihre Namen) von verschiedenen Mineralen im Boden bekommen. Bevor wir dann zum Hoehepunkt unseres Tages die Laguna Colorado besuchten erwartete uns noch ein Bad in einer heissen Quelle. Komisches Gefuehl, wenn man auf fast 3800m bei ca 5 Grad Luftemperatur in einen 35-Grad heissen Pool eintauchen kann. Kaum wieder trocken kamen wir bei 2 Fumarolen vorbei, mit 4100m auch der hoechste Punkt des Tages. Ziemlich muede erreichten wir so gegen 2 Uhr nachmittags unser Refugio auf 3900m, wo wir uns nach einem Mittagessen direkt in die Siesta verabschiedeten.
Frisch ausgeruht besuchten wir am Nachmittag die schon erwaehnte Laguna Colorada. Die verschiedenen Farben des Wassers, das intensive Blau des Himmels, die einzelnen Punkte der Flamingos und die karge Landschaft rundherum - alles wirkt so surreal und unnatuerlich. Als nach einem Bilderbuch-Sonnenuntergang die Nacht anbrach stockte uns allen der Atem: Durch das Fehlen jeglicher Lichtverschmutzung waren die Sterne so klar und hell, wie ich sie noch nie gesehen habe. Und waehre das Quecksilber im Thermometer nicht auch aus reiner Sympathie mit der Sonne ebenfalls auf Tauchstation gegangen, so waeren wir wohl noch lange draussen gestanden und haetten die Sterne angeguckt.
Am naechsten Morgen besuchten wir noch 4 weitere Lagunen auf dem Weg zum naechsten Hoehepunkt: Dem Arbol de Piedra. Dieser Baum aus Stein steht mitten in einem Gebiet, welches die Einheimischen nach dem Maler Salvador Dali benannt haben: Ein durch Erosion entstandenes Feld von grossen Felskloetzen, mitten in der Sandwueste, auf 4600m Hoehe und damit im hoechsten Punkt unserer Reise. Vorbei an weiteren Lagunen und Vulkanen fuhren wir durch eine Gegend, in welcher sogar ein Bahngleis als Abwechslung gilt immer in Richtung San Juan. Dieser kleine Ort am Rande des eigentlichen Salar de Uyuni war denn auch der Ort von unserem zweiten Nachtquartier, einem Salzhotel. Dieses besteht fast ausschliesslich aus Salzbloecken: Betten, Tische, Stuehle, Waende, Dach, Boden - so ziemlich alles ausser den Tueren und Fenstern. Bei der Ankunft in San Juan spielten wir gegen ein paar kleine Jungs aus dem Dorf Fussball, hatten jedoch haerter zu kaempfen als wir dachten: Peinlich, beinahe gegen 5jaehrige zu verlieren, aber auf 3600m wurde uns bereits nach wenigen Schritten die Luft knapp.
Den letzten Tag unseres Abenteuers verbrachten wir im eigentlichen Salar de Uyuni. In dieser 12000km2 grossen weissen Einoede besuchten wir die Insel Incahuasi, was uebersetzt Inkahaus bedeuted. Die Insel liegt mitten in der Salzwueste und ist vom Rand her nicht sichtbar: Durch die Hitze flimmert die Luft und unsere Driver hielten einfach Kurs mitten in die Wueste. Auf einmal wurde ein schwarzer Punkt sichtbar, der scheinbar in der Luft schwebte... und erst nach und nach wurde die Insel erkennbar. Dort angekommen konnten wir zum hoechsten Punkt der Insel raufklettern, von wo man einen atemberaubenden Ausblick ueber die gesamte Wueste hat.
An Salzmineuren vorbei fuhren wir dann weiter zum letzten Stopp auf unserem Abenteuer: Dem Friedhof der Zuege. Da in dieser Gegend schon seit Jahrhunderten Erze und Minerale abgebaut werden, fuehrte schon frueh eine Bahnlinie nach Uyuni. Da Nachhaltigkeit und Recycling in der guten alten Zeit noch nicht im Woerterbuch zu finden waren wurden die ausrangierten Wagen, Lokomotiven und Tender einfach in der Wueste abgestellt, wo sie seither vor sich herrosten. Da Schrotthaendler Teile der Lokomotiven abschweissten sind nun viele der Dampfkessel von innen begehbar, durch die Luke kommt man in den Fuehrerstand von wo ein kurzer Sprung genuegt um im Kohlentender Echos ausprobieren zu koennen.
Am gleichen Abend bestieg ich einen Nachtbus nach La Paz. Und nach den komfortablen Bussen in Argentinien und Chile war dies doch eine kleine Ernuechterung: Sitzbreite, Beinfreiheit, Federung, "Strassen"qualitaet und nicht zuletzt Heizung - an Schlaf war nicht zu denken. Doch als wir am fruehen Morgen La Paz erreichten wurden wir reichlich entschaedigt: Die Stadt liegt in einer Talsohle und ausserhalb desser deuted wenig auf eine grosse Stadt in der Naehe hin - und auf einmal tut sich dieses gigantische Tal voller kleiner Haeuser und Strassen vor einem auf. Waehrend man auf einer Ringstrasse immer tiefer in diesen Moloch hinabfaehrt kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
La Paz ist voellig anders als die bisherigen Staedte, die ich bisher in Suedamerika besucht habe. Die Strassen sind ueberfuellt von Leuten in traditioneller Tracht, die Autofahrer sind nochmals einiges krimineller als bisher und die Haeuser sind viel kleiner und wirken baufaelliger. Und trotzdem gibt es ein tolle Maerkte, Clubs und Guesthouses. Ausserdem bietet La Paz die wohl verruecktesten Touristen-Attraktionen ueberhaupt an: So kann man das San Pedro-Gefaengnis besuchen, welches ein eigentliches Dorf ist, einfach mit einer Mauer rundrum. Die Gefangenen muessen sich ihre Zellen kaufen, die Familien der Gefangenen leben ebenfalls dort und das gesamte Leben wird von Gangs reguliert. Man geht davon aus, dass ein Grossteil des weltweiten Drogenhandels aus diesem Gefaengnis heraus organisiert wird. Vor einigen Jahren wurde ein Englaender eingebuchtet, welcher aus Geldnot (ohne Geld kein Essen, kein Dach ueber dem Kopf und kein Schutz) die Idee hatte, Touristen ins Gefaengnis zu fuehren. Tja, und obwohl dieser Typ schon lange wieder zu Hause ist kann man noch heute uebe die Gangs diese Tours buchen: Fuer 400 Bolivianos kriegt man einen verurteilten Moerder als Bodyguard und das Schmiergeld fuer die Wachen ist auch schon inbegriffen.
Eine andere Attraktion ist die Death Road. Diese Strasse war bis vor 4 Jahren die einzige, welche von La Paz nach Norden fuehrte und daher stark befahren. Das Problem? Die Strasse ist etwa 3m breit, bietet wenig Ausweichmoeglichkeiten und auf der einen Seite ist eine Felswand, auf der anderen eine mehrere hundert Meter hohe Klippe. Im Durchschnitt verunglueckten pro Monat 1 Laster und 1 Bus, wobei diese Zahl in der Regensaison eher die Ausnahme denn die Regel war. Alles in allem starben ueber 10000 Personen auf dieser Strasse, nicht alle Verkehrsopfer: In den 40er-Jahren wurden politische Gefangene ueber die Klippen gestossen und so exekutiert.
Als vor 4 Jahren die neue Strasse (Bauzeit 12 Jahre) eroeffnet wurde war daher das Aufatmen in der Region gross. Mindestens genauso gross ist allerdings der Ideenreichtum der hiesigen Tourismusbranche und so bieten verschieden Agenturen Bike-Touren die Strasse runter an. Dies nennen sie "Gravity-assisted Downhill-Biking", ein herrlicher Euphemismus fuer "In 3h auf 65km Laenge fast 3600 Hoehenmeter auf einer Schotterpiste in einer senkrechten Felswand runterdonnern", nicht wahr?
Meine Reise wird mich jetzt weiter zum Titicaca-See und weiter nach Cusco und Machu Picchu fuehren. Keine Ahnung, von wo mein naechster Eintrag sein wird, ihr werdet die Ersten sein, dies erfahren.
Viele Gruesse aus La Paz, Bolivien
Jonas
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