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Hallo zusammen
Nach der langen Zeit in Patagonien war es wahrer Genuss, in Santiago aus dem Bus zu steigen, die Jacke ausziehen zu koennen und die Sonne zu fuehlen. So war es ein echter Glueckstreffer, dass unser Guesthouse in einem Kuenstlerviertel voller Museen, Parks und kleinen Strassen war. Man fuehlte sich beinah wie in Paris, waere da nicht dieses schwerverstaendliche chilenische Spanisch, das einen fast zur Verzweiflung treiben kann.
Nach einem erholsamen Wochenende wollte ich dann mein China-Visum in Santiago beantragen, was mich jedoch ebenfalls fast zur Verzweiflung trieb: Anscheinend haben die Chinesen im Oktober ihre Visa-Policies geaendert: Nun kann man die Visas nur noch im Heimatland beantragen und das liegt auf der falschen Seite der Erde fuer mich. Nach einigen Abklaerungen fand ich heraus, dass die einzige Moeglichkeit doch noch an dieses Visum ranzukommen ein Besuch der Botschaft in Hongkong ist. Dies bedeuted allerdings, dass die bisher geplante Route mit dem Frachtschiff nicht mehr moeglich ist. Ob ich eine andere Route mit einem Schiff finde oder ob ich doch fliegen muss weiss ich noch nicht, ich werde euch auf dem Laufenden halten.
Leicht gefrustet fuhr ich am naechsten Abend nordwaerts nach San Pedro de Atacama. Diese Stadt liegt an einer Oase mitten in der Atacama-Salzwueste auf 2440m ueber Meer und damit in einer klimatischen Extremzone. Die Temperaturen schwanken zwischen +35 Grad tagsueber und -5 Grad nachts und dabei herrscht eine "Luftfeuchtigkeit" zwischen 2%-7%. Diese Bedingungen garantieren ausser einem staendigen Durstgefuehl auch eine phaenomenale Weitsicht: Man sieht Berge in ueber 250km Entfernung ganz klar und man versteht auch, warum Project ALMA in dieser Region angesiedelt ist. Bei diesem Projekt werden 64 Parabol-Antennen auf ueber 5000m Hoehe aufgebaut und um 2014 wird damit die groesste Fotokamera der Welt fertig sein. Die Antennen werden dann Aufnahmen des Weltalls machen koennen, welche derzeit ausschliesslich von Satelliten aus machbar sind - nur einiges guenstiger und in hoeherer Aufloesung.
Diese spezielle Region ist entstanden durch das Aufeinandertreffen zweier tektonischer Platten: Die Nazca-Platte und die suedamerikanische Platte drueckten vor ca. 60 Millionen Jahren aufeinander und formten dabei die Cordillera de los Andes. Dabei entstand ein gewaltiger Salzwassersee zwischen 2 Gebirgsketten, welcher immer hoeher hochgehoben wurde. Im Lauf der Jahrtausende verdampfte das Wasser des Salzwassersees und zurueck blieben in den tiefsten Regionen dieses ehemaligen Sees die Salzwuesten von Uyuni und Atacama. Da bei diesem ganzen Vorgang auf viele Minerale nach oben gedrueckt wurden ist diese Region heute mit Rohstoffen gesegnet: Borax, Kupfer und ueber 90% der weltweiten Lithium-Vorkommen werden hier geschuerft.
Am Tag nach meiner Ankunft ging ich auf einen ersten Ausflug zur Laguna Cejar. Diese Lagune wird durch einen unterirdischen Strom gespiesen und hat einen Salzgehalt von 75% - das Tote Meer ist schon fast Trinkwasser dagegen. Das Baden in dieser Lagune stellt einen vor ungewohnte Hindernisse, besonders das Vorwaertskommen muss beinah neu erlernt werden. Und die morgendliche Rasur sollte man an diesem Tag lieber lassen, denn man spuert jede einzelne offene Pore des Koerpers.
Nach ca. 1 Stunde fuhren wir dann weiter zu den Ojos del Salar, zwei ehemaligen Bohrloechern welche durch Erosion zu riesigen 20m-Durchmesser-Kratern wurden, gefuellt mit Wasser. Dieses hat "nur" etwa 20% Salzgehalt und wird von den Guides als Suesswasser angepriesen. Doch es eignet sich hervorragend um die Badehosen zu entsalzen: Nach der ersten Lagune konnte man sie foermlich in die Ecke stellen.
Der Tag wurde abgerundet durch einen wunderschoenen Sonnenuntergang ueber der Laguna Tebinquinche, welche zwar nur 10cm tief ist, dafuer wunderschoene Salzkristalle bietet.
Am naechsten Tag machte ich mich dann auf ins Valle de la Luna. Vorbei an den Cliffs of Cali, welche wie versteinerte Wellen aussehen fuehrte unser Weg ins Valle de Muerte (Tal des Todes). Dieses sollte eigentlich aufgrund seiner roetlichen Farbe Valle Martes (Tal des Mars) heissen, doch war der Namensgeber dieser Orte ein belgischer Priester und Hobby-Geologe, dessen Akzent wohl dieses Missverstaendnis herbeifuehrte. Weiter fuehrte uns die Tour dann ins eigentliche Valle de la Luna, wo kleine Regenmengen und stetiger Wind eine bizarre Landschaft erschufen, aehnlich wie auf dem Mond. An einem Ort hat der Regen sogar einen Tunnel durch diese Salzgebirge gefressen, welche mit ein bisschen klettern gut erkundbar sind.
Weiter ging es zu den Tres Marias, 3 Saeulen aus Salz, in welchen der oben erwaehnte Priester Frauengestalten erkannte. Ich fuer meinen Teil erkannte nur 3 Saeulen aus Salz und habe mir dieses "Frauen-in Salz-Erkennen" des Priesters mit dem Zoelibat erklaert. Der letzte Stop war dann beim sogenannten Amphitheater. Ebenfalls ausschliesslich durch Erosion entstanden hat dieser Salzberg eine verblueffende Aehnlichkeit mit einem Stadion. Zum Glueck haben sie bei diesem Stadion auch das Parkplatz-Problem geloest, denn jeden Abend pilgern hunderte, wenn nicht sogar tausende Touris auf eine benachbarte Sandduene, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Die Aussicht ist auch atemberaubend, nur Harmonie will inmitten deutscher und italienischer Reisegruppen im Lautstaerke-Duell nicht aufkommen.
In diesem Tal ist alles aus Salz. Sogar der Strassenbelag wird aus Salz hergestellt, welcher bei dieser Hitze laenger haelt als Asphalt. Nur bei Regen verwandelt sich die Strasse in Seife - kein guter Ort fuer Bremsmanoever!
Heute machte ich mich um 4Uhr morgens auf, um den Sonnenaufgang bei den Geysiren von Tatio auf 4350m ueber Meer zu bewundern. Diese Geysire sind zwar nicht so gross wie zum Beispiel Old Faithful im Yellowstone, doch das Fehlen jeglicher Abschrankungen ermoeglicht einem einen viel naeheren Zugang zu den Dingern. Lediglich ein Schild weist darauf hin, dass man in der Naehe der Geysire einbrechen koennte, das dies schlimme Verbrennungen nach sich ziehen wuerde und dass das naechste Spital gut 5h Schotterpiste entfernt ist. Dieses Schild und andere mit Erklaerungen ueber die Aggregatszustaende "Wasser" und "Dampf" hielten allerdings einige nicht davon ab, die Hand ueber den Geysir zu halten und ein Einheimischer konnte ein Riesengeschaeft mit Brandsalbe und Verbandsmaterial machen. Darwin haette seine Freude an diesem Treiben.
Fuer mich geht es morgen weiter mit einer 3-taegigen Fahrt in einem Jeep durch die Salzwueste von Uyuni. Dabei werde ich nach Bolivien gelangen, von wo aus ich meinen naechsten Eintrag schreiben werde.
Viele Gruesse aus San Pedro de Atacama
Jonas
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