Profile
Blog
Photos
Videos
Am Ende habe ich ihn doch noch gefunden, meinen Platz in Hongkong, an dem ich mich wohl fühle, an einem Ort, an dem ich es nie erwartet hätte...
Früh mache ich mich auf den Weg nach Lantau Island, denn ich möchte vor den Touribussen am Big Buddha sein. Mein Plan geht auf und mich empfängt eine himmlische Ruhe, chinesische Klänge und der Duft von Räucherstäbchen. Die Mönche des Po Lin Klosters zelebrieren gerade ihr Morgengebet.
Nach 268 Stufen erreicht man die Bronzestatue, welche 34 Meter hoch ist und 1993 errichtet wurde. Der Ausblick auf die umliegende Berglandschaft ist traumhaft und der der Kontrast zum Zentrum könnte kaum größer sein. Ich genieße noch einige Zeit die entspannte Atmosphäre, bevor ich zur Weiterfahrt nach Tai O, einem kleinen Fischerort im Nordwesten von Lantau Island, aufbreche. Hier scheint genau wie vorher im Kloster die Zeit stehengeblieben zu sein, obgleich es rund um das Kloster schon recht touristisch organisiert ist. Viele Häuser in Tai O stehen noch wie früher im Watt auf Stelzen und sind durch Stege miteinander verbunden. Auch hier herrscht eine total entspannte Atmosphäre. In einer engen Gasse bieten die Einheimischen ihre Ware zum Verkauf an. Der getrocknete Fisch reizt mich weniger, aber eine ältere Frau hat Puff Eggs in Ihrer Auslage. Das ist eine Art Waffelteig allerdings nicht in Herzform wie in Deutschland sondern in Form kleiner Eier etwa in der Größe kleiner Schokoladenostereier. Die 'Eier' sind miteinander verbunden, so dass es eine Platte ergibt. Ich zögere, denn zwei Tage zuvor oben auf dem Peak habe ich das bereits unter dem Namen 'Egglette' probiert und es hat nur nach Pappe geschmeckt. Die Frau lächelt mich freundlich an und so gebe ich den Waffeln eine zweite Chance. Ich werde nicht enttäuscht. Sie schmecken genauso, wie ich es erwartet habe - einfach nur lecker!
Die kleinen Häuser auf den Stelzen sehen so pittoresk aus, dass ich sie mir gern genauer ansehen möchte. Leider habe ich Höhenangst und die Stege sehen nicht sehr vetrauenserweckend aus. Es wackelt und einige Bretter sind lose. Ich klammere mich am Geländer fest, dass allerdings sofort nachgibt und mich nur noch mehr verunsichert. Ich komme mir albern vor. Die Einheimischen laufen schließlich ständig über diesen Weg. Ins Brackwasser zu fallen ist nicht schön, aber es gibt schlimmeres. Also gehe ich vorsichtig weiter und lande am Ende des Steges durch Zufall in einem zauberhaften kleinen Café. Die Besitzerin heißt mich sofort willkommen und ist einfach nur total nett. Die Aussicht ist wunderbar. "Relax, make photos, take your time, don't rush, enjoy" wiederholt sie schon fast mantramässig. Das ist eine willkommene und überraschende Abwechslung zum hektischen Downtown und so bleibe ich am Ende deutlich länger als geplant. Ich fühle mich total wohl und denke "Das Leben ist schön!" Hier hätte ich noch viel länger bleiben können. Doch ich muss zurück nach Downtown.
Nach drei Tagen ist mir klar, Hongkong ist viel zu groß, um es in der kurzen Zeit wirklich zu erfassen und zu verstehen. Aber Hongkong ist sehr vielseitig und bietet neben den Wolkenkratzern, engen Straßen und Menschenmassen auch kleine Dörfer und viel Natur mit tollen Wanderwegen und Platz um zur Ruhe zu kommen. Wenn man weiß, was man möchte, wird man es sicher finden. Beim nächsten Mal würde ich mich sicher mehr auf die kleineren Inseln konzentrieren und dort auch mein Quartier buchen.
Downtown ist mir einfach zu hektisch, zu eng, zu laut, zu viele Leute. Ich fühle mich total gehetzt und gestresst. Ich möchte anhalten und aussteigen. Das tue ich dann auch und fliege weiter nach Singapur.
Nachtrag: Nach ein paar Tagen Abstand möchte ich noch ergänzen, dass Hongkong eine tolle und aufregende Stadt ist und ich die Tage dort auf keinen Fall missen möchte. Auch erst im Rückblick ist mir aufgefallen, wie sicher ich mich dort die ganze Zeit gefühlt habe im Sinne von Sicherheit für meine Person und Eigentum (abgesehen vielleicht vom Linksverkehr...).
Allerdings bin ich inzwischen überzeugt, dass es noch mehr Spaß gemacht hätte, die Stadt zu zweit zu erkunden. Mir ist mit Sicherheit einiges entgangen, weil ich recht darauf bedacht war nicht überfahren zu werden, im Weg zu stehen oder aus der Reihe zu tanzen und mit der Trillerpfeife ausgepfiffen zu werden. Es wird bestimmt nicht mein letzter Besuch in dieser außergewöhnlichen Stadt gewesen sein und beim nächsten Mal weiß ich ja dann immerhin, was mich erwartet.
- comments
Malin Das ist der Nachteil, wenn die Flüge (zum Teil) schon vorher gebucht sind... Weltreise heißt für mich losfahren und nur dort länger bleiben wo es schön ist!
Philipp Förmer @Malin Ich denke eine derartige Freiheit wünschen sich viele Weltreisende. Kein Vorab-Meister-Plan, sondern flexibel entscheiden wo es einen gerade hinzieht. Leider fehlen wohl den meisten die finanziellen Mittel um eine derartige Freiheit wahrnehmen zu können. @Michaela Bin auf deinen Bericht aus Singapur gespannt, dürfte doch ähnlich urban sein?
Malin @Phillip Damit magst du recht haben. Vermutlich fällt dann auch sehr schnell auf, dass ein halbes Jahr zu kurz ist.
Philipp Förmer @Malin Ja, vielleicht. Denke jedoch, dass die Eindrücke zu sehr verschwimmen, wenn die Standorte häufiger gewechselt werden, auf Basis wie ich die Welt wahrnehme. Das würde ich dann auch sehr schade finden, wenn nach einer solchen Reise dann viele Erinnerungen bereits wieder nebulös geworden sind.