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Von Deckenlampen, Elektrorollern und Gratis-Burger
Nun ist Shanghai bereits seit zwölf Tagen unsere neue Heimat. Obwohl wir noch immer fast kein einziges chinesisches Zeichen, geschweige denn ganze Sätze verstehen, haben wir uns in dieser 20-Millionen-Metropole recht gut eingelebt, die Wohnung herausgeputzt, mit IKEA- und JYSK-Artikeln eingerichtet, einen Elektroroller im Supermarkt gekauft und bereits einige tolle Bars und Clubs besucht.
Vor allem weil hier praktisch niemand auch nur ein Wort Englisch spricht, werden die Einkäufe manchmal zu einem sehr unterhaltsamen, wie auch nervenaufreibenden Ereignis. So versuchten wir zum Beispiel uns in einem Bau- und Hobbymarkt zwei neue Deckenlampen zu besorgen. Zuerst versuchten wir mit einfachstem Englisch-Vokabular zu erklären, nach was wir suchten. Bald merkten wir, dass wir genauso gut Schweizerdeutsch und über irgendetwas Unbedeutendes sprechen konnten - die netten Damen im „HomMart" verstanden nämlich genau gleich viel - nichts.
Natürlich erging es uns genau gleich, wenn sie uns dann auf Chinesisch ansprachen. Die vielen Angestellten (die übrigens überall in Shanghai in riesigen Mengen zwischen den Verkaufsregalen herumstehen) machten sich einen Heidenspass daraus, uns irgendwas zu erzählen und sich wahrscheinlich auch gleich über uns lustig zu machen. Wir taten es ihnen gleich und fingen an, böse Geschichten über die etwas dickere, ältere Dame zu erfinden, die uns bediente. Schliesslich waren alle am Lachen und die richtigen Lampen noch immer nicht gefunden.
Wir versuchten dann zum Schluss mit Händen und Füssen zu erklären, dass der Schraubenabstand 17cm betragen sollte. Die Lösung kam dann, als wir auf dieLampe zeigten und einfach ein paar Male „shi-qi!" riefen. „Siebzehn!". Das Walross (so nannten wir unsere Bedienung nun direkt im Gespräch) kapierte schliesslich unsere Absichten und wir erhielten nach einem Weilchen unsere Lampen.
Das Überangebot an Personal wird auch ersichtlich, wenn man im McDonald's einen McFlurry bestellt: Eine Angestellte beginnt das Eis in den Becher zu füllen, während dem etwa fünf andere um sie herum stehen und einfach nur kichern und zuschauen. Die billigste Ware sind hier ganz klar die Angestellten selbst. Ob nun jemand einfach am Ausgang des Supermarktes einen Stempel auf jede Quittung drückt oder lediglich das Einkaufskörbchen bewacht, währendem man schnell in einem anderen Teil der gigantischen Mall verschwindet - ffür jede erdenkliche Aktivität und Dienstleistung wird hier eigens jemand eingestellt.
Alle diese Menschen müssen irgendwie zu ihrer Arbeit gelangen. Das geschieht bei dem meisten über das 420km umfassende Metronetz. Dieses war vor zwei Jahren gerade einmal halb so gross und wurde als Teil eines 40-Mia-Stadterneuerungsprogrammes für die Expo in kürzester Zeit verdoppelt. Wenn man am People's Square von der einen auf die andere Linie umsteigen will, kann es gut sein, dass man mitten in der Menschenmasse à la Openair Frauenfeld zu versinken droht.
Diesem Trubel kann man entgehen, indem man entweder ein Taxi nimmt (eine halbstündige Fahrt kostet meist nicht viel mehr als 5min mit dem Frauenfelder Stadtbus) oder sich ein eigenes Strassenfahrzeug besorgt. Wir gingen deshalb einfach in den Supermarkt und kauften uns für umgerechnet 270.- einen zweiplätzigen Elektroroller. Mit dem kann man einfach und geräuschlos mit ca. 30km/h kleine Ausfahrten unternehmen und Einkäufe tätigen. Für die Sicherheit des Rollers sorgt eine chinesische Familie im Fahrzeugkeller unseres Apartmentblocks. Tag und Nacht wird dieser bewacht, man lebt und kocht sogar vor Ort. Und falls man einmal das Akkuladegerät vergessen hat mitzunehmen, wird es blitzschnell von der „Keller-Security" in Sicherheit gebracht. Dieser Service hat aber auch seinen Preis: Ein Stellplatz kostet für einen Monat ganze 12 Yuan, eine Stromaufladung 1 Yuan. Umgerechnet sind das 1.90 Fr. und 15 Rp. - diese Preise würden in Europa ja nicht einmal für 1h Parken reichen.
Auch das Essen ist hier - die Luxusrestaurants einmal ausgenommen - wirklich spottbillig. Für 3-4 Fr. kann man sich bereits ein anständiges Mittagessen zusammenstellen. Zu unseren Ungunsten ist auch der McDonald's nicht teuer und so die Versuchung nach einem Burger oder McFlurry oft sehr gross. Man bekommt es ja immerhin fast gratis…
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