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In Peking gestaltete sich die Einreise wie erwartet schwierig doch nach 2h warten, verhandeln und mehr warten durfte ich tatsächlich einreisen. Nur wenig einfacher war dann die Taxi-Fahrt zum Hotel, verstand doch der Fahrer offenbar auch die Adresse in extra ausgedruckten chinesischen Schriftzeichen nicht. Nach mehrmaligem Verfahren und einer kleinen Stadtrundfahrt kam ich dann grade noch rechtzeitig zum Informations-Anlass meiner Gruppe im Hotel an.Am nächsten Morgen fuhren wir aus Peking raus zur grossen Mauer und hatten im morgendlichen Berufsverkehr genügend Zeit, die anderen Gruppenmitglieder kennenzulernen: Zwei Schwestern aus Kanada, Terrence aus den USA und unser "Team Trouble", Maria und Silvina aus Argentinien, bildeten die amerikanische Fraktion. Europa wurde von 5 Alleinreisenden vertreten und alle hatten Probleme mit dem Visum. Glücklicherweise kriegten wir dennoch unser Tibet-Gruppenvisum: Eine andere Gruppe erfuhr in Peking, dass es nichts wird mit Tibet, da eines der Gruppenmitglieder den gleichen Namen wie ein amerikanischer Journalist hat!
Mauern sind fester Bestandteil chinesischer Aussenpolitik seit dem 5. Jhd.v.Chr. Damals war China noch in mehrere Koenigreiche unterteilt und die waren untereinander fast immer im Krieg. Im Jahr 221 v.Chr. einte der Begruender den Chin-Dynastie, Quin Shi Huang, China gewaltsam und liess die Mauern niederreissen. Da sein Reich allerdings von Staemmen aus dem Norden und Westen bedroht wurde, begann gleichzeitig an diesen Grenzen Arbeiten an Verteidigungsstellungen. Im Laufe der Geschichte wurde die Mauer staendig vergroessert, verteidigt, repariert und wieder vergroessert, bis sie die unglaubliche Laenge von 8'851.8km erreichte. Man schaetzt, dass etwa 1 Million Arbeiter bei der Konstruktion ums Leben kamen, man hat die Leichen einfach ins Fundament mit eingebaut. Obschon die Mauer das Riesenreich oft gut verteidigte, so passierte es doch mehr als einmal, dass das Konzept fehlschlug: Da die Armee auf der ganzen Laenge der Mauer verteilt war standen nicht genuegend Soldaten bereit um allfaellige Eindringlinge zurueckzuschlagen. Wie unser tibetischer Guide uns mit breitem Grinsen erklaerte gelang es Dschingis Khan gleich mehrmals in China einzufallen und auch die Manchu aus dem Norden ueberwanden die Mauer nach einigen Versuchen und konnten die Shun-Dynastie umstuerzen.Heute sind nur noch wenige Teile der ehemals gewaltigen Anlage erhalten, die meisten davon sind im Umland von Peking. Wir besuchten den Abschnitt von Mutianyu, welcher sich ueber Berge, Taeler und Fluesse spannt.
Am Abend besuchten wir dann einen Food-Market der bekannt für seine "exotischen" Spezialitäten ist. Doch von Spinnen, Käfern und Skorpionen wird man einfach nicht richtig satt und so gönnten wir uns noch eine Ente bevor wir ins Nachtleben Pekings abtauchten. Da Gäste kaukasischer Abstammung in Chinas Klubs als Qualitäts-Gütesiegel gelten wird man wie ein König behandelt: Gratis Drinks und VIP-Lounge sind eher Regel denn Ausnahme. Und posiert man mit Einheimischen vor einem Logo des Lokals für Fotos ist der Manager vollends glücklich und offeriert noch weitere Freebies. Entsprechend verkatert begaben wir uns dann am nächsten Morgen zum Tiananmen-Platz und der verbotenen Stadt.
Der Tiananmen-Platz ist der groesste oeffentliche Platz der Welt. Urspruenglich als Parade- und Uebungsflaeche gedacht wurde er zusammen mit der verbotenen Stadt von der mongolischen Yuan-Dynastie gegruendet. Leider erkannten die Kommunisten in dieser grossen, zentralen Flaeche ein idealer Ort fuer ihre Selbstverherrlichungs-Bauten und bauten sowohl ein Monument fuer die Helden der Revolution als auch das Mausoleum fuer Mao auf dem Platz. Da dieser kindervergewaltigende Massenmoerder leider noch immer von vielen Chinesen verehrt wird steht jeden Tag eine lange Schlange vor dem Mausoleum, nur um ein kurzer Blick auf seine plastifizierte Leiche werfen zu koennen. Seit die Armee 1989 Studentenproteste auf diesem Platz blutig niedergeschlagen hat ist die Polizei-Praesenz und Ueberwachungskamera-Dichte enorm hoch. So konnte unser Guide uns nicht einmal den Ort zeigen, wo ein einzelner Mann, beladen mit Einkaufstaschen, damals mehrere Panzer blockiert hat: Das Bild vom „Tank Man" ist in China verboten und auch sonst darf ueber die ganze Angelegenheit kein Wort verloren werden.
Nachdem wir den Platz einmal in seiner ganzen Laenge abgelaufen haben (er ist so gross, dass er gleich drei U-Bahn-Stationen hat) betraten wir die kaiserliche Stadt, den „Aussenbezirk" der verbotenen Stadt. Waehrend hier damals tausende von Soldaten, Beamte, Handwerker etc ein- und ausgingen, so durften sich in der verbotenen Stadt neben dem Kaiser und seinen Frauen/Konkubinen nur Eunuchen aufhalten. Der Eingriff musste dabei vor der Bewerbung vorgenommen werden, wurde man danach nicht angenommen - Pech gehabt! Wie auch beim Tiananmen-Platz wurde der Grundstein fuer die kaiserliche Stadt von den Yuan-Dynastie gelegt. Der Kaiser war zentraler Dreh- und Angelpunkt fuer die Chinesen und sein Leben war stark von Zeremonien und Ritualen gepraegt. So brauchte es zum Beispiel fuer das Auftragen seiner Speisen mehr als 50 Diener und es dauerte bis zu 30min, bis der Kaiser die mittlerweile wohl kalten Speisen essen durfte. Die Rituale liessen keinen Aspekt seines Lebens aus, sogar die Auswahl seiner bis zu 2000 Konkubinen und der Ablauf des Sex waren klar geregelt: Nach 20min wurde ein Gong geschlagen, die Eunuchen kamen rein und brachten die Frau entsprechend der Bewertung des Kaisers die entweder zurueck zu den anderen oder aber in ein Palast voller „Unerwuenschten". Sie wurden bei passender Gelegenheit an einen Beamten zur Heirat weitergegeben. Dies alles nahm ein abruptes Ende in den turbulenten Jahren des fruehen 20. Jahrhunderts. Nachdem er erst in ein kleinen Teil seines Palastes zurueckgedraengt wurde und danach von den Kommunisten in ein Umerziehungslager gesteckt wurde, musste der letzte Kaiser doch noch lernen, wie ein Normal-Sterblicher zu leben: Nachdem er 3 Jahre lang Dinge gelernt hat wie „Schnuersenkel binden" oder „Fuer Essen bezahlen" wurde er Gaertner im Pekinger Zoo. Er starb alleine und kinderlos, und mit ihm der mehr als 2200 Jahre alte Titel „Kaiser von China".Heutzutage hat die chinesische Propaganda-Maschine die verbotene Stadt zu einem Parade-Beispiel von Bourgeoisie und Anti-Kommunismus verklaert und entsprechend viele Chinesen verknuepfen ihren Besuch bei Maos Plastik-Leiche mit einem Abstecher in die verbotene Stadt. Entsprechend voll war es denn auch, und da die Chinesen so ziemlich das Gegenteil von Briten sind was das geordnete Anstehen betrifft mussten wir oft unsere Ellbogen einsetzen um ueberhaupt was zu sehen. Auf der anderen Seite wollen viele Chinesen Fotos von Europaeern machen und so kamen wir kaum aus dem posieren mit Schulklassen, Familien, Partei-Orts-Gruppen und einzelnen Paerchen raus. Wenn sich so ein Hollywood-Star fuehlt, dann verzichte ich gerne auf den Ruhm.Am Abend bestiegen wir dann den Zug Richtung Tibet. Und während wir anlässlich des 25. Geburtstages einer der Kanadierinnen unser Abteil kniehoch mit Luftballons füllten ratterte der mit Druckkabine ausgestattete Trans-Tibetische-Express durch die Nacht, über 5000m hohe Pässe und durch riesige, namenslose Plattenbau-Siedlungen, immer südwestwärts Richtung Lhasa, Tibet.
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