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Zur Wanderung in den Anden gibt es weniger besonderes zu berichten, dafür gibt es dieses mal etwas Privates aus meinen Gedanken. Zu diesem Bericht, der einen nur relativ kurzen Zeitraum meiner Reise widerspiegelt, empfehle ich von 30 Seconds to Mars das Lied Battle of One (http://www.youtube.com/watch?v=PTARB8nH1w8)
Nach einem Hausbesuch bei Eingeborenen geht es langsam los. Schnell noch eine Banane, das Safttütchen vom Rucksack in den Bauch, den Rucksack auf den Rücken und die Anspannung hochgefahren. Der Guide wird sogleich verlauten lassen, dass bis zum erklärten Ziel hoch oben in 4600 m nicht mehr auf Gruppenmitglieder gewartet werden muss. Das Ziel liegt in Sichtweite voraus am Ende von Geröll, welches durchkreuzt von kleinen Bächen ist. Der Höhenunterschied beträgt gute 500 m, es ist der Sattel zweier Berge, die höchste Stelle des Bergpasses.
Die letzten Worte des am Gruppenende laufenden Anführers verhallen ohne dass sie noch Gefhör gefunden hätten. Ein grosses Ausatmen vernebelt die beinahe eiskalte Luft vor den Augen. Der Blick senkt sich vom Ziel auf die Füsse und der Lauf beginnt. Erste Schritte lassen manch gemütlicheren Geher überholen. Die nächsten Schritte treiben an die Spitze. Es ist ein Wettlauf gegen mich selbst, nur Daniel läuft mit. Wir wollen uns ohne vorherige Absprache gegenseitig treiben und dann ein verkniffener Ausruf nach 2 Minuten. Daniel knickt um, er läuft nun mit der zweiten Gruppe.
Linker Fuss, rechter Fuss. Die fast flache Etappe laesst beschleunigen. Ein Spritzer Bachwasser zeugt den Ehrgeiz. Es wird steiler, die Hufeisenabdrücke weisen den noch einfachsten Weg. Schritt um Schritt, langsam und schneller. Nur niemals an Höhe verlieren, sie ist um jeden Zentimeter hart erarbeitet. Weit. Weiter. Ein Schritt. Mehrere Schritte. Das egenen Tempo soll es sein. Der Herzschlag ist der Taktgeber und er treibt sich selbst. Es pumpt, es pumpt entfesselt im ganzen Körper. Der Wind weht kühler und doch reicht eine Lage Kleidung weniger aus. Der Lauf nimmt auf der Suche nach der optimalen, einer sicheren Route einen schwierigeren Weg. Der zertrampelte Pfad entfernt sich auf der Seite. Der eigenen Pfad fordert alles, das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Es ist ein Rausch. Der Ehrgeiz führt zu ausgeprochenen Selbstgesprächen mit den sich seitlings erhebenden majestätisch trotzenden Bergen. Warum rennen? Warum nicht Pause machen? Was ist die Belohnun? Was beweise ich mir hier?
Der ganze Kopf pulsiert vor Anstrengung und will doch noch mehr. Es gibt keinen Blick zurück, nur abwechselnd nach oben auf Pfad und Ziel und danach zurück auf die Füsse. Es verläuft wie ein reissender Fluss. Hektisch um die Steine, rasant um die Uferböschung, bestrebt als Erster am Ziel zu sein. Und dann bei Erreichen des Meeres, bei Erreichen des Bergpasses läuft es mit erleichterndem Schrei alles hinaus: Die Erleichterung, die Freude, die Befriedung, die Grossartigkeit. Ein Schreib, der hunderte Meter entfernte Pferde aufschreckt. Ein Schrei, der einen Hagelschauer auslöst. Ein Schrei, der durch Sauerstoffmangel in Wahrheit vielleicht 7 Sekunden dauert. Gepaart mit Adrenalin im Blut verhilft der Schrei zum Fliegen. Im Gefühl sind es Minuten.
Als ich wieder zur Besinnung komme, beobachte ich die Hagelkörner über meinen Regenponcho tanzen. Die vorbeidonnernden Wolken vermiesen den Ausblick. Und doch ertappe ich mich dabei, wie ich einfach lache...
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