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Von "Bleib wie du bist!", "Pass auf, dass du dich da unten nicht zu sehr veränderst!" bis "Ein Jahr im Ausland, das verändert euch garantiert!" haben wir vor unserer Reise wohl jeden Kommentar gehört und erfolgreich als unwichtig abgetan. Doch jetzt, nach fast 7 Wochen Australien und davon 6 Wochen auf unserer kleinen Farm, beginnen wir zu begreifen was Veränderung bedeutet.
Natürlich fängt das bei der Arbeit an: Geld verdienen, um für sich selbst zu sorgen, 6 bis 8 Tage am Stück mindestens 8 Stunden arbeiten und all das sooo weit weg von Zuhause, in einem fremden Land, das sich mit der Zeit immer weniger wie ein solches anfühlt.
Doch viel mehr beeindrucken und beeinflussen einen die Menschen die man trifft:
David, unser Boss, der genau das wirklich gerne auslebt und uns mit Aussagen wie: "Don't damage the product", "You need to get faster", "You're coasting me a fortune", "Don't touch it if you don't have to" und "Don't you worry to much about the salad" (Ja nee, ist klar!) versüßt. Was auf unserer Seite wiederum zu Schimpftiraden zusammen mit unserer Co-Workerin Martha und Fantasien über Mash-ups aus "You can't always get what you want" und "Tell me what you want, what you really, really..." (Uns fällt leider der Titel nicht mehr ein, aber der ist auch unwichtig), führt. Aber der Mann hat durchaus auch eine andere Seite: kaum ist er mal entspannt packt er Witze aus, fragt während der Arbeit wieso Sabi denn einen roten Kopf hat, nennt Martha "Sexy",erzählt uns von seinem beeindruckend Werdegang, belächelt Rae, als der ihm vergeblich versucht weis zu machen, dass er nicht mit seiner Freundin telefoniert, sondern mit seiner Schwester, mit einem "Yeah sure - Bulls*** your sister!", fragt Sabi tatsächlich ob sie eine Erklärung für die gewaltige Körpergröße der Deutschen hat und drückt ihr ernsthaft sein Handy in die Hand mit der Aufforderung mit dem Satz "Hello, are you good looking?" ranzugehen.
Dann ist da noch Carmen - Davids Schwester -, die in der Halle beim Verpacken das Kommando hat und das Tempo vorgibt. Diese Frau ist auf gut bayerisch gesagt einfach nur ein Viech (was sie übrigens erfolgreich an ihre 14 jährige Tochter Jasmine vererbt hat)! Auch wenn ihre Anweisungen anfangs nur nervige Sätze wie "There's a lot of s*** coming thru", "You need to work faster" und "Use both of your hands" beinhaltete, merkte sie schnell, dass wir arbeitswillig waren, was ein baldiges Lob nach sich zog. Aber auch die kleine Biostunde, in der sie uns erzählte, dass eine der tödlichen Spinnen in der Verpackungshalle unterwegs war (Don't touch the red-bag spider, it's deadly! - In welchem Universum würden wir je freiwillig eine Spinne anfassen???), wir uns aber keine Sorgen machen sollten, weil diese Spinne eh überall in Australien ihr Unwesen treibt, wird uns wohl lange in Erinnerung bleiben. Ebenso wie das Gespräch, welches für uns einen kleinen Triumph gegen die Umweltverschmutzung darstellte (Die Aussies verbrennen nämlich gern mal Plastik!), zwischen unserem weiteren Mitarbeiter Ken und ihr bei 33Grad in der Nachmittags***ze vor dem Feuerplatz: " Are you f***ing kidding me? You can't burn anything. NOT in THIS country, NOT in THIS season!" Kurz gesagt diese Frau hat unsere größte Bewunderung und unseren größten Respekt!
Und dann sind da noch unsere Jungs Rae, Eric, Shayne und Ken.
Ken hat nicht nur den coolsten Namen von allen, sondern eine Einstellung wie Bob Marley: Wenns schnell gehen muss, machen wir erstmal langsam! Sein ständiges Lächeln - entweder verursacht durch einen genetisch bedingten Überschuss von Endorphiene (keine Ahnung wie man das schreibt, Chemie war ja noch nie meine Stärke ;)) oder einfach durch den mehr oder wenig legalen Konsum von Rauschmitteln - ist einfach sein Markenzeichen.
Dann ist da auch noch Shayne, der schüchterne Singleman hat sich gleich mal am dritten Tag dazu entschieden Jojo zu lieben und zu heiraten. Davor hat der liebe Gott jedoch den Prozess des Kennenlernens gestellt, der aufgrund seiner Schüchternheit nur sehr schleppend voran geht, was eventuell aber auch am Desinteresse Jojos liegen könnte. Trotzdem werden wir von ihm regelmäßig mit Keksen und TimTam versorgt - er war schließlich der Mann, der uns unsere TimTam-Jungfräulichkeit, nach zwölf Stunden Arbeit ohne Pause am Fließband, durch die wahnsinnig romanische Geste des wortlosen Hinstrecken der Packung nahm.
Der Dumme Chinese, wie Eric von Sabi liebevoll genannt wird, oder wahlweise auch von seiner Verlobten Martha "f***ing Chinese man", befindet sich nicht nur kurz vor der Hochzeit (zu der wir übrigens eingeladen sind!!!), sondern verlässt nach fast fünf Jahren im Dezember die Farm. Außerdem besitzt er ein überdimensionales Machogen, das Sabi immer wieder auf die Palme bringt und sie zu abwertenden Körperhaltungen und Geräuschen treibt.
Last but not least Rae, der dank einer OP geile Jobs wie bei 30 Grad Davids Auto waschen (anstatt auf dem Feld zu stehen und zu schwitzen) übernimmt oder die Hecken schneiden darf. Und sich Jojo unfreiwillig adonisähnlich in Boxershorts präsentiert, als diese gerade an seinem Zimmertür vorbei läuft.
Das Beste und Abgebrühteste kommt dann bekanntlich zum Schluss und das ist Martha. Hätte diese Frau als Spionin bei der NSA gearbeitet, bräuchten die gar keine Computer um alles über Menschen zu wissen. Diese Frau hat so viel Geschichten zu erzählen, so viele Fragen und so viel Liebe (was sich daran zeigt, dass sie jeden inklusive unseres Chefs Darling nennt), dass man ihr Leben dringend mal verfilmen sollte. Während sie mal schnell ihre halbe Lebensgeschichte erzählt und immer noch überlegt, ob sie nun wirklich in 3 Monaten heiraten soll (wovon Eric fest ausgeht und schon fleißig vor sich hinplant), mäht sie tausende von Meter Unkraut ab und kommt dabei noch nicht mal außer Atem, was uns wiederum vor die Frage stellt, ob sie vielleicht ein Alien oder ein Cyborge ist (Antwort befindet sich noch in Arbeit). Ihre ganzen liebevollen Eigenschaften hat sie wiederum an ihre 6-jährige Tochter Veallie weitergegeben, was die zwei zu einem echten Powerteam macht.
Die Tatsache, dass wir heute in zwei Wochen um diese Zeit schon im Zug zurück nach Sydney sitzen, führt dazu, dass wir die nächste Zeit noch genießen werden: ein paar Abende voller leckerem Essen (denn das haben wir mittlerweile raus) und der Tatsache, dass Sabi um 20 Uhr völlig fertig von der Arbeit ins Bett wandert, während Jojo sich weiterhin mit dem Fernseher beschäftigt. Ein letztes Mal einkaufen gehen, ein letztes Mal alle zu Gesicht bekommen, bevor wir uns auf den Weg nach Cairns machen und die Ostküste nach unten fahren.
Eins haben wir uns jetzt schon geschworen wir werden sie alle besuchen kommen!
Ob uns diese sieben Wochen hier verändert haben, können wir wahrscheinlich am wenigstens beantworten (wir sind uns ja selbst noch nicht einig), trotzdem würden wir gerne eine Testreihe starten, ob die Arbeit mit Salat nicht komische Auswirkungen auf die Entwicklung des Gehirns hat.
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