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Nach 7 oder 8 Stunden im Bus und einer ewig erscheinenden Wartezeit in der Hitze an der mexikanisch-guatemaltekischen Grenze, kamen wir schliesslich gut in Mexiko an, und zwar in San Cristobal de las Casas, einer Kolonialstadt mitten in den Bergen von Chiapas, die gleichzeitig sozusagen das Basislager der Zapatisten darstellt. Wir hatten eine supersuesse Hostel vorreserviert, wo es abendliches Lagerfeuer gibt mitten im nach Dschungelstyle dekorierten Innenhof. Gluecklich darueber gut in Mexiko angekommen zu sein, schon wieder jede Menge spannender Leute kennengelernt zu haben und endlich wieder normal mit Bankomatkarte Geld beheben zu koennen, spazierten wir ein wenig durch die Strassen, um die Atmosphaere der Stadt zu geniessen - kuehle Bergluft, bunte kleine Haeuschen, gepflasterte Strassen mit kleinen typischen Restaurants und Cafes, der umwerfende Templo de Santo Domingo, und vieles mehr.
Da dieser Teil Mexikos einen hohen Prozentsatz an indigener Bevoelkerung aufweist, starteten wir das Vorhaben einige umliegende Mayadoerfer in der Gegend zu besuchen. Aus diesem Vorhaben wurde eine tolle, kulturell unglaublich spannende Tour, wobei uns so manche Tradition in grosses Staunen versetzte…
Zuerst besuchten wir ein traditionelles Tzotzil-Dorf namens Zinacantán, wo wir im Haus einer Familie sehen konnten, wie sie ihre traditionelle Kleidung herstellen und weben und wie sie ueber offenem Feuer Tortillas kochen (die wir auch kosten durften - hmmmm, yammmmiiiieee!!).
Anschliessend fuhren wir in ein weiteres Dorf, naemlich nach San Juan Chamula. Dieses Dorf ist etwas ganz besonderes, da es quasi autonom und unabhaengig von der mexikanischen Regierung ist und sich somit auch nicht an mexikanische Gesetze und Regeln haelt. Es gibt dort eine eigene Polizei, eigene Traditionen, usw. In San Juan Chamula leben die Menschen immer noch polygam. Ein Mann kann bis zu 4 Frauen haben, wenn er es sich leisten kann - er muss dem Vater des Maedchens (die meisten werden zwischen 15 und 20 Jahren verheiratet, wenn sie aelter sind als 20 will sie niemand mehr…) um die 25.000 mexikanische Pesos (ca. 1500 Euro) zahlen (aber nur wenn sie schon waschen, kochen, etc. gelernt hat). Die Frauen haben dabei gar nichts zu sagen, sie haben sozusagen in San Juan Chamula gar keine Rechte. Die meisten Maenner in diesem Dorf tun nichts, ihre Frauen und Kinder (meist so an die 15-20) arbeiten und geben ihnen das Geld. Wichtig ist jedenfalls, dass die Leute von dort nur innerhalb San Juan Chamulas, also innerhalb der Comunidad, heiraten duerfen (sonst werden sie aus dem Dorf verstossen und duerfen nie wieder zurueckkommen). Denn nur so koennen sie diese reine Tradition erhalten, die es dort noch gibt.
Das wofuer San Juan Chamula so bekannt wurde, ist die Kirche dort und die ortsueblichen Zeremonien. Immer wenn die Menschen dort Probleme haben (finanziell, Krankheiten, familiaer oder was auch immer), gehen sie zum traditionellen Heiler (meist eine Frau!). Diese Heilerin bittet diese Familie dann um ein Treffen in besagter Kirche, wobei verschiedene Dinge dorthin mitzubringen sind: Kerzen (in verschiedenen Farben - je nach Problem), Posh (ein selbst gebrautes, traditionelles alkoholisches Getraenk), Coca Cola (!) und ein Huhn. In der Kirche werden dann Kerzen angezuendet und die Zeremonie beginnt: Der Boden der Kirche ist ausgelegt mit nassen Piniennadeln. Alle (auch die Kinder) setzten sich auf den Boden und trinken Posh (die Zeremonie findet meist in betrunkenem Zustand aller statt), murmeln Geister austreibende Gebete, trinken dann dazu Coca Cola, damit sie durch die Kohlensaeure die boesen Geister ausruelpsen koennen. Schliesslich werden die boesen Geister auf das Huhn uebertragen, welches dann in der Kirche getoetet wird (kein schoener Anblick wenn den armen Huehnern der Hals umgedreht wird…). Mit der Seele des Huhnes sollte auch das Problem der Menschen weggehen - so glaubt man dort. Auch Familien aus anderen Bergdoerfern der Gegend kommen in diese Kirche um so ihre Probleme zu loesen.
Neben der Kirche schauten wir uns auch noch den kleinen Markt in San Juan Chamula an. Die Leute dort haben ausserdem ganz eigene Gewaender, auffallend sind vor allem schwarze Roecke aus dem Fell der dortigen ziegenaehnlichen Tiere, die fuer die Menschen dort heilig sind. Ausserdem waren wir auf dem Maya-Friedhof. Dort findet man viele Opfergaben, die die Toten auf ihren Weg mitbekommen. Ausserdem gibt es die Tradition, dass sich - wenn der Tote zB. gerne geraucht hat oder Posh getrunken hat - die Angehoerigen in dessen Namen an dessen Grab betrinken oder rauchen. Traurig ist, dass sehr viele Menschen schon in sehr jungem Alter sterben. Die Leute sind staendig betrunken (schon als Kinder) aufgrund der Zeremonien, und nehmen unglaublich viel Zucker zu sich (durch das viele Cola und den Posh).
Sehr beeindruckt von dieser so anderen Welt - noch dazu direkt neben der so "normalen" Stadt San Cristobal - kehrten wir zurueck in die "Zivilisation". So spannend dieser Ausflug auch war, so war er dennoch auch sehr seltsam…
Ja, und morgen geht's auch schon wieder weiter und zwar nach Palenque zu den Maya Ruinen im Dschungel Mexikos!
¡Hasta luego & besitos de Mexico lindo!
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