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Hola meine Lieben!
Bolivien empfing mich mit Regen. Was erstaunlich ist, denn hier herrscht zurzeit Regenzeit.
Dafür glänzte mein Rucksack durch Abwesenheit. Nach all den Flügen, die ich in meinem Leben mittlerweile auf dem Buckel hab, hat es mich letztendlich doch noch erwischt. Aber als erfahrener Rucksackreisender hat man das Deo und die Zahnbürste natürlich im Handgepäck. Weshalb ich meinen Plan, ein paar Nächte in Santa Cruz zu verbringen, über den Haufen schmiss und sofort zu meinem hochgeschätzten Arbeitskollegen und langjährigem Freund Mike nach Sucre aufbrach, wo mich ein Handtuch und eine schöne heiße Dusche erwarteten. D.h. nach 27h Flug nochmal 17h holterdipolter Nachtbus. Man ist es ja mittlerweile gewöhnt-stöhnt.
Das erste Hindernis allerdings erwartete mich bereits auf den Straßen von Santa Cruz. Aufgrund der niedergehenden Regenmassen verwandelten sich die Seiten der Straßen in reißende Ströme. Um also eine solche zu überqueren, musste ich mir zuallererst aus Treibholz einen Katamaran basteln, um auf die andere Seite übersetzen zu können. Das Dumme war nur, dass die Mitte der Straße auf dem Trocknen lag, weshalb ich mein Vehikel unter unsäglichen Anstrengungen ans nächste Ufer ziehen musste. Gar nicht so leicht bei dem Verkehr.
Als nächstes fiel mir auf, dass für eines der ärmsten Länder Südamerikas dort recht noble Karrossen unterwegs sind. Kaum ein Unterschied zu deutschen Straßen. Dieses Rätsel wartet noch auf Aufklärung, denn selbst Mike hat hierfür keine Erklärung. Es scheint sich zumindest einiges getan zu haben in den letzten Jahren.
Ansonsten gibt es einige Ähnlichkeiten zu den asiatischen Ländern (Indonesien, Nepal, Indien), die ich bereits bereist habe: eine gscheite Hauptmahlzeit in einem lokalen Restaurant kostet ca. 1 Eurone (Rindersteaks sind sehr zu empfehlen), das alltägliche Straßenbild mit den kleinen Lädchen -v.a. Call und Handy Shops-, den fahrbaren Essensständen, dem Gewusel und so fort. Wobei man hier als Tourist nicht sofort von einer Heerschar aasfressender Taxifahrer, Verkäufer und Schlepper angefallen wird, im Gegenteil fühle ich mich fast ein wenig allein gelassen und vergessen -ironisches Lächeln-. Die Rikschas vermisse ich. Es gibt Mülleimer.
Der öffentliche Transport hier ist einen Tick besser organisiert als im fernen Osten. Stadtbusse haben Nummern, die sogar eine Bedeutung haben. Jemand sagte mir, ich solle den 72er zum Bahnhof nehmen....und der 72er fuhr tatsächlich dahin!! Und es gibt Schalter mit entschlüsselbaren Abfahrtszeiten und Zielen. Diese stellen sich als recht willkürlich dar, aber wir wollen ja mal die Kirche im Pueblo lassen.
Überhaupt bin ich von den Bussen hier begeistert! Ich muss mich nicht erst auf die Größe einer mitteleuropäischen Küchenschabe zusammenfalten, um mich in den Sitz zu quetschen, obwohl die Menschen auch hier zu klein sind. Zumindest bei Überlandbussen. Da gab es sogar einen Fernseher. Der funktionierte allerdings nicht.
Doch bei all der Dekadenz ist es auch hier ein wahres Vergnügen, über der hinteren Radachse zu sitzen. Als ich am Schalter auf einem Monitor! die letzten freien Sitzplätze sah, schloss ich zitternd die Augen, weil mich ein wohlig bekannter Schwindel und Übelkeit erfassten, ausgelöst durch einen stressbedingten Schock. Letzte Sitzreihe. Na dann nichts wie rein ins Vergnügen!
Wenigstens erhaschte ich den Mittelplatz, so dass ich meine Beine ausstrecken konnte. Aufgrund der Tatsache, dass man in dieser Weise nicht gesunderhaltend schmerzgerade sitzen muss, wird einem beim Überfahren eines Schlaglochs nicht sofort der Unterkiefer ins Kleinhirn gerammt. Stattdessen erfuhren meine Eingeweide eine beinah sanfte Rüttelmassage. Die Straße war anfangs sogar recht gut, also mit Teer und so, jedoch tanzte der Bus während der Nacht zu einem unheimlichen Elektro-Beat. Als ich solcherart am nächsten Morgen liebevoll geweckt wurde, erkannte ich endlich den Grund für die Hüpferei. Wir befanden uns in einem Flussbett. Was die Fahrt von geplanten 14 auf 17h erhöhte, da der Bus gefühlte 85mal den Fluss durchqueren musste. Die Straße von einem der wichtigsten Wirtschaftsstandorte Boliviens (Santa Cruz) bis zur pulsierenden Hauptstadt (Sucre) befindet sich stellenweise noch im Bau. Anscheinend hat sie sich zusätzlich mit Geografie angesteckt: Berge > Regen > Erosion > Straße putt. Wir hatten erstaunlicherweise nur 1 Platten. Das Geräusch kannte ich nur zu gut vom Rikscha-Fahrn: fft!-fft!-fft!-fft!...
Nach 2-3 Tagen bin ich trotz allem wohlbehalten in meiner gemütlichen Backpacker-Blase in Mike's Gringo's Rincon-Hostel angekommen. Auch das Wasser aus meinen Beinen floss langsam ab (ich hatte schon befürchtet, an einer Rechtsherzinsuffizienz zu leiden > die Hypochondrie eines Heilpraktikers).
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